Comics IV von Alexeij Sagerer
Personen: Der Unberechenbare (A), Der Zufriedene (B), Der Reinliche (C).
Sängerin und Akkordeonspieler oder Akkordeonspielerin.
Licht- und Tonsteuerung.
Eines Tages fährt man sich mit der Hand über die Stirn und besinnt sich und besinnt sich.
Man konnte sich nicht sicher sein, ob die Artikulationsschwierigkeiten der Akteure auf der Bühne Ergebnis eines gewollten oder eines unbeabsichtigten Extemporierens waren oder ob sie vielleicht doch Meisterleistungen eines neuen Sprechstils sein konnten. Der Auftritt von proT konnte helfen, sich vor Augen zu führen, wie wahrscheinlich dadaistische und futuristische Deklamations- und Theaterabende abgelaufen und vom Publikum aufgenommen worden sind; hier allerdings mit deutlich bajuwarischem Regionaleinschlag. Was wie barer Unsinn auf Bonner Gemüter wirken mußte war keineswegs spontane Nonsense-Improvisation - eine strenge Choreographie bildete das Korsett für verschiedenartige Aktionen mit übersteigertem Stummfilmpathos. Eine lichtstarke Lampe über einer Holzkiste in der Bühnenmitte sandte grelles Licht aus. Licht und Dunkelheit auf den Körpern der Schauspieler konnten augenblicklich wechseln - der Bühnenraum wies ebensowenig Zwischentöne auf wie Mimik, Gestik oder Sprache der Agierenden. Bruchstückhaft ließen sich Alltagsbegebenheiten als Spielanlass erkennen - das Kartenspiel etwa, das dem Titel als erklärendes Stichwort beigegeben ist. Aber auch hitzige Kartenspieler ließen sich mit den Bildern nicht einfangen, die die proT-Akteure auf die Bühne stellten. Um den Kartentisch herum (= die Holzkiste in der Bühnenmitte) tanzten Figuren, die aus Märchenbuch, Sage oder Schauergeschichten stammen konnten. Mal glaubte man Rumpelstilzchen zu sehen, mal einen irren Krieger von Wirrnissen des 16. und 17. Jahrhunderts sprechen zu hören. Herausgeschrieen und herausgezappelt wurden Ängste, Aggressionen und überreizte Sehnsüchte. Unterbrochen wurde die stimmliche und gestische Hatz der Männer von lyrischen Passagen, die in prozessionhaftem Einerlei-Singsang von den weiblichen Darstellern vorgetragen wurden. Dokumentation zur 1. Bonner Kunstwoche 21.-28.09.1984, herausgegeben von Dirk Engelken - Elisabeth Jappe, Text Heinz Thiel
Chronologie
1974 am 06. Juni Uraufführung
proT, Isabellastrasse 40, München
Der Unberechenbare: Karl Aichinger, Der Zufriedene: Andreas Arnold, Der Reinliche: Anton Kenntemich, Gesang: Cornelie Müller, Ziehharmonika: Anton Waldhier u.a., Ablauf und Technik: Alexeij Sagerer
1974 Dani Mladog Teatra Festival
Zagreb, 06./07. Dezember
Krizevci, 08. Dezember
1975 Gastspiel Hof
Galeriehaus Weinelt, 22./23. März
1975 Gastspiel Nürnberg
tak, Theater am Kopernikusplatz, 26.-28. Juni
In der Besetzung der Uraufführung wird Watt’n, bis 23. März 1975, im proT Isabellastrasse 40 und bei Gastspielen über 74 mal aufgeführt. Ab Herbst 1974 wird die Ziehharmonika abwechselnd von Gerd Lohmeyer oder von Gabriele Mader oder von Cornelie Müller selbst gespielt.
1975 Erste Neubesetzung
(ab 18. September 1975 bis 07. November 1976)
Der Unberechenbare: Alexeij Sagerer, Der Zufriedene: Andreas Arnold, Der Reinliche: Herbert Spörl, Gesang: Cornelie Müller, Ziehharmonika: Olga Setnicka, Technik: Oswald Opf Pöhnl
1975 Gastspiel Erlangen
Theater in der Garage, 31. Oktober - 02. November
1975 Gastspiel Berlin
Mampf, 04./05./06. November
1975 Gastspiel Freiburg
Universität, 11./13. Dezember
1976 Gastspiel Bremen
Theater im Schnoor, 01.-04. Juni
1976 19. Internationale Theaterwoche Erlangen
Erlangen, Theater in der Garage, 22. Juni
In dieser Besetzung wird Watt’n, vom 18. September 1975 bis 07. November 1976, im proT, Isabellastrasse 40 und bei Gastspielen über 66 mal aufgeführt
1977 Zweite Neubesetzung
englische Fassung für Edinburgh Fringe Festival
"Watt'n (a Card-Play) or All We’ll Burn Down"
(ab 27. Juli 1977 bis 22. Oktober 1977)
Der Unberechenbare: Alexeij Sagerer, Der Zufriedene: Gerd Lohmeyer, Der Reinliche: Anton Kenntemich, Gesang: Cornelie Müller, Ziehharmonika: Agathe Taffertshofer, Technik: Nikolai Nothof
1977 Edinburgh Fringe Festival 77
Edinburgh, South Bridge Primary School, 29./30./31. August
Watt’n (englische Fassung) wird vom 27. Juli bis 22. Oktober 1977 im proT, Isabellastrasse 40 und in Edinburgh über 15 mal aufgeführt
1982 Dritte Neubesetzung
(ab 03. Dezember 1982 bis 24. Oktober 1992)
Die Aufführungen von Watt’n vom 03. bis 24. Dezember 1982 sind die letzten Aufführungen von proT in den Räumen in der Isabellastrasse 40.
Der Unberechenbare: Alexeij Sagerer, Der Zufriedene: Franz Lenniger, Der Reinliche: Hias Schaschko / ab Oktober 1985 Werner Eckl, Gesang: Cornelie Müller, Ziehharmonika: Agathe Taffertshofer / ab September 1984 Alfons Hausmann / ab Oktober 1985 Walter Maier, Technik: Brigitte Niklas / ab 1986 Ulf Hahn
1983 Gastspiel Pürgen
Gasthof zur Post, 27. April
1983 Gastspiel Wien
U4, 29./30. April
1983 Tage des experimentellen Theaters
München, Mensa der TU, 25. Mai
1983 Hofer Herbst
Hof, Freiheitshalle, 18. Oktober
1983 Wintertheater ’83
Hannover, bad, 04. Dezember
1984 München, Studiotheater im Zelt
Dachauerstrasse 128, 21./22. September
1984 1. Bonner Kunstwoche
Bonn, Hofgarten, am akadem. Kunstmuseum, 26. September
1985 Artfestival 3
Sulzdorf, Forum Sulzdorf, 22. Juni
1985 7. Internationales Theaterfestival in München
München, Dachauer Strasse, Halle E, 02./03. Juni
Alexeij Sagerer Retrospektive
1985 proT Halle
München, proT-Halle, Schleissheimerstr. 418, 14.-19. November
1986 München, Hinterhof-Theater
Wirtshaus am Hart, Sudetendeutsche-Strasse 40, 11.-16. März
1987 München, Gabelsberger 50
Kneipe Kabarett, Gabelsberger Str. 50, 20.-24. Oktober
(Ziehharmonika Bärbel Schmid)
1992 1. Bayrische Woche
München, HAI, Rosenheimer Strasse, 30. Januar
1992 FREISTIL Theater im Austausch
Wien, Theater im Künstlerhaus, 04. Mai
1992 Gastspiel Passau
Scharfrichterhaus, 23./24. Oktober
In dieser Besetzung wird Watt’n, vom 03. Dezember 1982 bis 24. Oktober 1992, bei Festivals, bei Gastspielen, im proT Isabellastrasse 40 und in der proT-Halle über 46 mal aufgeführt