Süddeutsche Zeitung, 08. Februar 2008 MÜNCHNER KULTUR
 


 
 

Die vierte Dimension


Kulturpolitik für München (5): Was sich Alexeij Sagerer wünscht
 
 
Alle Parteien im Rathaus versprechen in ihren Wahlprogrammen den Status von München als Kulturstadt zu bewahren. Doch genügt das? Welche Kulturpolitik brauchen wir in den nächsten sechs Jahren? Die SZ veranstaltet hierzu eine Podiumsdiskussion am Montag, 11. Februar (20 Uhr im SV-Forum, Eingang Färbergraben). Vorab bitten wir Persönlichkeiten aus der Kulturszene um ihre Einschätzung der Lage. Alexeij Sagerer ist Theaterregisseur und Gründer des Münchner Prozessionstheaters proT. (SZ)
 
 
Warum nicht auch noch ein "Performance Art Center". Inzwischen ist die Möblierung der Stadt mit Institutionen so weit fortgeschritten, dass eine weitere auch nicht mehr gross schaden kann.
 
 
Irgendwann, früher hatte man mit den Kulturpolitikern darüber gesprochen, dass das Verhältnis zwischen Institutionen und Künstlern in Schieflage gerät, wenn vor allem im Theater immer mehr Institutionen mit immer mehr Geld ausgestattet werden. Besonders vor Wahlen wurde einem gerne recht gegeben. Danach wurden weitere Institutionen aufgebaut. Die Künstler waren naiv und glaubten, es ginge um die Stärkung der künstlerischen Prozesse.
 
 
Dabei geht es vielmehr um deren Kontrolle. Den Künstler ohne Institution ins Spiel zu bringen, erscheint nicht berechenbar. Die Institutionen aber erwecken den Eindruck, als hätten sie alles im Griff. Die aktuelle Kunst wird dabei marginalisiert und findet als Inhalt nicht statt. Stattdessen schaffen die Institutionen und ihre Macher ein Klischee der aktuellen Kunst. Aber es sind eben zwei gänzlich verschiedene Vorgänge: Während die Institutionen versuchen, auf einer Theaterebene ihren Apparat aufzubauen, besiedelt der Künstler eine Ebene die eigentlich vor dem Theater liegt.
 
 
Die Politiker hätten es in der Hand, die Künstler selbst mit ihren Prozessen ins Spiel zu bringen - quasi eine vierte Dimension zu öffnen und nicht eine weitere Institution. Aber sind sie daran wirklich interessiert? Die SPD glaubt offensichtlich, dass der Blaue Reiter eine Initiative der Kulturpolitik hätte gewesen sein können. Ausgerechnet die Grünen machen sich für eine weitere Institution stark. Und die CSU will Privattheater künftig unabhängig von künstlerischen Kriterien fördern.
 
 
Trotzdem: Es sind nicht die Institutionen zu verbessern, sondern die Souveränität der künstlerischen Prozesse ausserhalb der Institutionen zu stärken. Wenn man denn etwas anderes wollte.
 
 
ALEXEIJ SAGERER
 
 
 

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