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Aktuelle Meldungen – letzte Bearbeitungen


 
 
Unmittelbares Theater und die proT-Halle

 
 
Die Vier Tage des
Unmittelbaren Theaters 1986 / 1987

Festival des proT in der proT-Halle, München

 
 
Plakat Vier Tage
 
In gewisser Weise kann man Unmittelbares Theater und domestiziertes Theater mit der Wildsau und dem Hausschwein vergleichen. Wo das eine sein Sausein austrägt, trägt das andere Schnitzel. Oder. Das Unmittelbare Theater ist nicht "der Humus", des domestizierten Theaters. Ebensowenig wie die Wildsau "der Humus" für das Hausschwein ist. (AS, 1986)
 
 
1986 und 1987 veranstaltet proT DIE VIER TAGE DES UNMITTELBAREN THEATERS. Dabei werden ausschließlich für "die vier Tage" produzierte Theaterproduktionen gezeigt.
 
Zu den VIER TAGEN DES UNMITTELBAREN THEATERS werden nur Künstler eingeladen, deren Arbeit sich an irgendeinem Punkt mit der Arbeit des proT schneidet und auf deren Werk der Begriff "unmittelbar" im weitesten Sinn anwendbar erscheint.

 
Unmittelbare Musik
 
 

Das Unmittelbare Theater

 
Das Unmittelbare Theater arbeitet unmittelbar.
 
Das Unmittelbare Theater ereignet sich unmittelbar.
 
Das Unmittelbare Theater verschlingt jede Bedeutung.
 
Das Unmittelbare Theater verschlingt das literarische Theater, das experimentelle Theater, das politische Theater, das Tanztheater, das Musiktheater, das Volkstheater, das Boulevardtheater, das Ballett, die Oper, die Komödie mit der Tragödie, das Kabarett und das Cabaret, den Striptease, die Modenschau, das Oktoberfest, die Tageszeitung, alte und junge Schachteln.
 
Das domestizierte Theater ist als domestiziertes Theater unmittelbar. Das Unmittelbare Theater kann man nicht domestizieren. Es verschlingt auch das domestizierte Theater, den Faschismus, die Stadt und das Land.
 
Unmittelbares Theater heisst: es gibt keine Zeit.
 
Unmittelbares Theater heisst: es gibt keine Wiederholung. Es gibt nur grössere und kleinere Ähnlichkeiten oder Unähnlichkeiten.
 
Die Zeit ist nur ein Gestenvergleich.
 
Die Zeit ist lediglich der Versuch, sich gleichende Gesten in selbe zu verwandeln. Erdumdrehung. Uhrenvergleich. Quarzschwingung.
 
Die Zeit ist nur eine Geste.
 
Die Zeit ist nur der Versuch die Geste zu beherrschen.
 
Die Zeit ist nur der Versuch die Wiederholung zu behaupten. Nur die Wiederholung ist beherrschbar.
 
Die Wiederholung ist der Versuch, das Unmittelbare Theater zu beherrschen.
 
Das Unmittelbare Theater ist der blutig geschlagene Leib des Theaters.
 
Das Unmittelbare Theater ist grenzenlos und zerstückelt. Und es verschlingt alle Grenzen und Schuhe.
 
Das Unmittelbare Theater ereignet sich öffentlich.
 
Das Unmittelbare Theater tritt ans Publikum und gleichzeitig entzieht es sich dem Publikum.
 
Unmittelbares Theater heisst: Jede Geste zählt.
 
Unmittelbares Theater ist Politik, Kunst, Religion und Pornographie.
 
Das Unmittelbare Theater ist ästhetischer Krieg.
 
Das Unmittelbare Theater lebt und stirbt immer wieder. (AS 1987)
 
 

UNMITTELBARE MUSIK


 
Gleichzeitig mit den "Vier Tagen" findet eine Konzertreihe mit "Unmittelbarer Musik" statt. Die Auswahl und Organisation der Musiker entsteht in Zusammenarbeit mit Bernhard Jugel. Diese Konzertreihe mit Unmittelbarer Musik wird auch unabhängig von "den Vier Tagen" fortgesetzt. So gibt es dann zum Beispiel - unter anderem - vom 14. bis 17. November 1991 in der proT-ZEIT ein Musik-Programm unter dem Titel UNMITTELBARE MUSIK AUF DEM WEG ZUM THEATER unter anderem mit Vinko Globokar (Paris), Mia Zabelka (Wien), Phil Minton (London), Attwenger (Österreich) ...
 
Es gibt Musik, die einer Tradition, einem Stil, einer Spieltechnik, einer Modeströmung oder einem intellektuellen Konzept verpflichtet ist und es gibt UNMITTELBARE MUSIK.
 
 

AKTIONSABEND


 
Bereits in der Eröffnungswoche des proT in der Isabellastrasse 40 in München - am 30. November 1969 - veranstaltet das proT Unmittelbare Musik mit dem "Aktionsabend I: Experimentelle Musik für 3 präparierte Streichinstrumente" - Michael Kopfermann - Viola - mit Peter Fjodoroff - Violoncello - und Jürgen v. Huendeberg - Violine.
 
 
 
 
 

1986 - Die Vier Tage
des Unmittelbaren Theaters I


Festival des proT in der proT-Halle, Schleißheimerstraße 418, München
07. - 10. Mai und 21. Mai - 08. Juni (Konzerte mit Unmittelbarer Musik)
 
 
Vier Tage 1 - 1
 
 
Unmittelbares Theater heisst ein Theater, das sich auf seine Arbeit unmittelbar einlässt und diese Arbeit an, in und mit der Öffentlichkeit austrägt.
 
Ein Gegensatz zum Unmittelbaren Theater wäre z.B. das domestizierte Theater.
 
Ein unmittelbares Theater trägt sich mit der Öffentlichkeit aus und schliesst sich nicht mit seinem Publikum kurz.
 
Die Natur ist keine Verwertungsgesellschaft, sondern eine Gemeinschaft von Qualitäten.
 
Das Unmittelbare Theater ist eine eigene und damit andere Qualität.
 
Das Münchner Volkstheater - ursprünglich im 19. Jahrhundert die Bezeichnung für ein Theater ohne festes Haus und seit einiger Zeit durch die Einrichtung "Münchner Volkstheater" simuliert - war möglicherweise einmal ein unmittelbares Theater.
 
(AS 1986)
 
 

Unmittelbares Theater
07. - 10. Mai 1986

 
 
Abendzeitung, Sa./So. 10./11. Mai 1986

Wildsäue tragen keine Schnitzel


In Alexeij Sagerers proT-Halle: Vier Tage des Unmittelbarn Theaters


 
Im rauhen Norden Münchens gibt es neben dem Pop- und Rock-Eldorade der Alabama-Halle eine Enklave des absolut undomestizierten, schwer auf den Begriff zu bringenden Theaters - die proT-Halle. Hier hat proT-Meister Alexeij Sagerer jetzt die "Vier Tage des Unmittelbaren Theaters" ausgerufen. Mit Aufführungen seiner Gruppe, vom Münchner Tape-Theater und vom Minimal Club, und (jeweils ab Mitternacht) Musik-Aktionen ausländischer Gäste. Das Programm für, Samstag: "Oh, oh Maiandacht" (proT, 19 Uhr), "No Plays" (Tape, 21 Uhr), "die zukünftige frau des sohnes 1956" (Minimal Club, 23 Uhr) und "Pöhl Musik" (ab 0.30 Uhr).

Die drei Spielgruppen setzen sich, jede auf ihre Art, entschieden ab auch vom Programm der Münchner Privatbühnen. Sie produzieren sich selbst, mit eigenen Erfindungen (Text, Raum, Musik, Video), sie suchen spontan und kompromißlos die Konfrontation mit einem zwar spärlichen, um so treueren Publikum. Sie sind und wollen sein lustvolles Unkraut im fein gesprühten Palmengarten der Szene. (...)
Ingrid Seidenfaden
 
 
Vier Tage logo - 1
minimal club:

die zukünftige frau des sohnes 1956


mit elisabeth buchmann, manuela wittmann, stefan geene


 
Vier Tage logo - 2
Tape:

No Plays


mit Colin Gilder, Kalle Laar, Claude Maurer


 
Vier Tage logo - 3
proT:

oh, oh Maiandacht


mit Franz Lenniger, Cornelie Müller, Brigitte Niklas, Alexeij Sagerer


 
 
WIENER, Mai 86

Unmittelbares Theater


Wer sich vor dem Beginn der Wiener Festwochen mit ihrem Mozart-Rummel und "Theater-Heute"-Hitlisten noch gutes Theater gönnen will, sollte in München "Die vier Tage des Unmittelbaren Theaters" besuchen. Die Veranstaltung trägt Manifestcharakter und wird dem gesitteten Theaterkonsumenten keine vorgekauten Theatererlebnisse gewähren, sondern mit ihm in den Clinch gehen: "In gewisser Weise kann man unmittelbares und domestiziertes Theater mit der Wildsau und dem Hausschwein vergleichen. Wo die eine ihr Sausein austrägt, trägt das andere Schnitzel." Mitwirkende sind das Prozessionstheater (proT), tape und der Minimal Club, ein paar versprengten Wienern von einem winterlichen Auftritt im Dramatischen Zentrum ein Begriff. Was das proT betrifft, nur soviel aus dem proT-way-Manifest: "Prozessionstheater ist schwierigkeitsarm! Eine archachteruchtbesessene Pherachthisprozession! Das Prozessionstheater ist so natürlich wie der Regen, der in den Regen fließt. Besser besessen als tot! Ein Boxer darf nicht unästhetisch sein!" Weiters auf dem Programm: Unmittelbare Musik aus dem Ruhrgebiet, der Schweiz und Italien.
P.P.
 

oh, oh Maiandacht
1986, 1987-1991


Die Komposition oh, oh Maiandacht von Alexeij Sagerer entsteht 1986 (mit Cornelie Müller und Franz Lenniger) aus der Vorstellung eines Unmittelbaren Theaters für "Die Vier Tage des Unmittelbaren Theaters", ein Festival des proT, in der proT-Halle vom 07. bis 10. Mai. Dabei wird oh, oh Maiandacht dreimal aufgeführt. Mit den "Vier Tagen des Unmittelbaren Theaters" veranstaltet das proT in der proT-Halle gleichzeitig Mitternachtskonzerte mit "Unmittelbarer Musik". Bei der Fortführung dieser Konzerte "Unmittelbarer Musik" wird oh, oh Maiandacht im selben Jahr noch 9 mal aufgeführt.
 
Von 1987 bis 1991 wird die ursprüngliche Komposition "oh, oh Maiandacht" unter dem Titel "oh, oh Maiandacht..." fünf Jahre lang vom 01. bis 31. Mai, jedes Jahr an einem anderen Ort, täglich gespielt. Zusammen mit der Aufführung der ursprünglichen Komposition tritt jeden Abend ein anderer Künstler / eine andere Künstlergruppe oder Kulturschaffender auf: Musiker, Maler, Bildhauer, Performer, Schriftsteller, Videokünstler, Theatermacher ...
 
Damit öffnet oh, oh Maiandacht eine eigene Horizontale im künstlerischen Prozess des proT mit dem Stichwort "Theater als Ereignis - eine Vision aus der proT-Halle".
 
 

Maiandacht

Maiandacht
CAPRICCIO DAS KULTURMAGAZIN (BR), (YouTube 8:48 Min.)
Autor: Andreas Ammer, Mai 1991, München

 
Der Beitrag zeigt Ausschnitte aus der proT-Theaterproduktion oh, oh Maiandacht... und aus einem Interview von Andreas Ammer mit Alexeij Sagerer, im Mai 1991.
 

 

 
1986 wird "oh, oh Maiandacht" (mit Alexeij Sagerer, Franz Lenniger und Cornelie Müller) für die DIE VIER TAGE DES UNMITTELBAREN THEATERS produziert. Von 1987 bis 1991 wird "oh, oh Maiandacht..." fünf Jahre lang jeweils vom 01.-31. Mai täglich gespielt. Zusammen mit der Aufführung von "oh, oh Maiandacht" tritt jeden Abend ein anderer Künstler oder eine andere Künstlergruppe auf: Maler, Musiker, Bildhauer, Performer, Schriftsteller, Videokünstler, Theatermacher .....
 
Täglich wechselnde Gastkünstler bei "oh, oh Maiandacht..." u.a. Biermösl Blosn, Die Interpreten, FLATZ, Sepp Bierbichler, Nikolaus Gerhart, Jörg Hube, Paul Fuchs, Werner Fritsch, Rotraut Fischer, Verena Kraft, Kurt Petz, Roland Fischer, Paul Wühr, Vlado Kristl, Rudi Zapf, Peter Brötzmann, Abbie Conant, Embryo, Toine Horvers, Sissy Perlinger, Valeri Scherstjanoi, Veronika von Quast, Rolf Staeck, Sigfried Kaden, Rabe Perplexum, Billie Zöckler, Claus Biegert, Paul Lovens, Günther Beelitz, Café Größenwahn, Andreas Ammer, Siegfried Hummel .....
 
 

Unmittelbare Musik
proT-Halle


 
 
Guy Klucevsek
 
 

1. Konzert, 07. Mai
Evan Parker (GB)


(Sopransaxophon, Tenorsaxophon)



2. Konzert, 08. Mai
Stephan Wittwer (Schweiz)


(E-Gitarre)


Martin Schütz (Schweiz)


(Bass & Cello)



3. Konzert, 09. Mai
Andrea Centazzo (Italien)


(Percussion & Schlagzeug)


Peter Frohmader (München)


(Elektronik & Bass)



4. Konzert, 10. Mai
Pöhl Musik (Ruhrgebiet)


Karl-Heinz Blomann (Altsaxophon, Sopransaxophon, Flöte)


Thomas Kommann (akustischer und elektronischer Bass, Gitarre)


Norbert Solbach (Gitarre, Posaune, Badewanne, Basstrommel)


 
 
Abendzeitung, Mittwoch 14. Mai 1986, Musik in München

Der geordnete Wahnsinn


proT: Vier Nächte unmittelbarer Musik


 
"Unmittelbares Theater" ist laut dem Sagerer-Manifest die ungebändigte Wildsau unter den schnitzeltragenden Hausschweinen. Mit der dazugehörigen Musik in vier nachmitternächtlichen "proT"-Konzerten verhält es sich sehr ähnlich: Klangkörper statt Tonträger.
 
Den besten Beweis, daß "unmittelbare Musik" nicht unbedingt nur mittellos-genialen Dilettantismus bedeutet, lieferte der englische Saxophonist Evan Parker: Hochvirtuos füllte er den Raum mit dichten, obertonreichen Endlosminimalismen. Inmitten einer Kultstätte aus von der Decke baumelnder Holzscheite flutet er die ganze Halle, hört auf sie, spielt mit ihrer Akustik.
Verletzlich scheint dieses filigrane Duett mit der Umgebung, ist aber stark im Umgang mit Reaktionen: dem befreiten Aufatmen des Publikums, wenn Parker den Klangdruck zurücknimmt, dem hemmungslos mitsingenden Sagerer.  - Reaktionen, die das Schweizer Duo Stephan Wittwer und Martin Schütz nicht so selbstverständlich zulassen. Gemein reichen sie den in Bass- und Gitarrenclustern Ertrinkenden immer wieder den Rettungsring aus Hörgewohnheiten, um ihn leicht verbohrt avantgardistisch wieder zurückzuziehen, bevor das Ohr richtig zupacken kann.
Packend war dagegen das Duell des Percussionisten Andrea Centazzo mit dem lustlos in seiner Elektronik versumpften Peter Frohmader. Hier ging unmittelbare Musik unmittelbar in die Hose, war nur ein Forum für Missverständnisse.
 
Und die Kunst der "unmittelbaren Musik" ist ihre Abhängigkeit von einmaligen Situationen. Sieht man "Pöhl Musik" zum zweitenmal auf ihre Blechwanne eindreschen, wirkt das nur noch kalkuliert wütend. Zu arrangiert ist ihr Musik-Gepöbel, das immer mehr gen "No Wave" abdriftet. Geordnet ist der Wahnsinn aus dem Ruhrpott, nur noch organisiertes Chaos aus Industrieklängen, statt Maschinenstürmerei.
Markus Beck
 
 
Das proT ist auch nach den VIER TAGEN DES UNMITTELBAREN THEATERS an Unmittelbarer Musik interessiert. Mit Musikern, die vom 7.-10. Mai nicht zur Verfügung stehen, findet 1986 eine zweite Serie von vier Konzerten statt.
 

5. Konzert, 24. Mai
Phil Minton (London)


(Stimme)


Erhard Hirt (BRD)


(Gitarre)


Roger Turner (GB)


(Percussion)



6. Konzert, 06. Juni
Dietmar Diesner (DDR)


(Sopransaxophon, Tenorsaxophon)


 
 
Süddeutsche Zeitung, Dienstag 10. Juni 1986, Münchener Kulturberichte

Neuland


Dietmar Diesner im proT


 
Von der Decke der proT-Halle hängen acht vermoderte Holzbalken an langen Stahlseilen, Requisiten zu Alexeij Sagerers "Maiandacht", darunter im harten Scheinwerferlicht ein Echogerät, ein Mikrophon, eine Klarinette, zwei Saxophone auf einem Stuhl  -  ein archaisch-modernistisches Stilleben. Die Tür neben der Spielfläche öffnet sich, Dietmar Diesner schreitet in den Raum, sopransaxophonblasend umrundet er die Halle, zieht einen Klangkreis mit an- und ab-schwellenden Tönen, kein Atemholen, Zirkularatmung machts möglich: Kunststückchen und Ritual.
Dietmar Diesner ist ein junger Musiker aus Dresden, eingebettet in die fruchtbare Free- Szene der DDR, häufiger Partner solch renommierter Improvisationsmusiker wie Ernst-Ludwig Petrovsky, Ulrich Grumpert oder Conrad Bauer, die den Free-Jazz in der DDR gründlich modifiziert haben. Mit dem Ergebnis, daß Jazz, der afro-amerikanische Einfluß also, weitgehend aus ihrer Musik verschwunden und eine kühle, intellektuelle, der europäischen E-Musik-Avantgarde verbundene Klangwelt entstanden ist; gepaart mit einem schrägen Witz, der diese Klangphantasien wieder konsumierbarer und unterhaltsamer werden läßt.
Dietmar Diesner demonstriert all diese Merkmale der DDR-Schule in seinem zweiten Stück. Steif und mit preußischem Bullenbeißer-Habitus steht er da, das Sopransax angsetzt, Holzklotz und Holzklötzen, arroganter Gockel, und so bläst er auch los, wichtigtuerisches Schnattern und Scheppern, atemloses Aufmandeln, schließlich legt sich der wildgewordene Ganter mit einem der Holzbalken an, vermag nichts gegen das morsche Drumm, läßt ab von seinem nichtswürdigen Gegner: Lachstück und souveräne Demonstration technischer Perfektion in einem. Wirklich überraschend, Neuland betretend die nächsten Stücke Dietmar Diesners: eine zärtliche, melodieverliebte Hommage an den Jazz mit Verbeugungen vor Charlie Parker und Albert Ayler sowie ein pastorales Klarinettenstück, das in seiner Struktur Interesse für Minimal Music verriet. Brillant ausgeführte Solonummern eines mutigen, entwicklungsbereiten Musikers, dessen eigenständiger Weg in seiner Heimat und international mehr Beachtung verdient hat.
Karl Bruckmaier
 
 
proT-Konzert mit Dietmar Diesner von 1989 im Carl-Orff-Saal, Gasteig

Avantgarde an der Heimatfront


27. Dezember 1989, Gasteig, Carl-Orff-Saal, München (YouTube 7:59 Minuten)
 

 

 
Avantgarde an der Heimatfront ist das dritte der "Vier Konzerte auf der Tiegerfarm" von Alexeij Sagerer und gehört zu den Konzerten am VierVideoTurm. Jedes Konzert am VierVideoTurm dauert sieben mal sieben Minuten und wird synchronisiert durch sieben gemalte Filme. Zu sehen ist der vierte Teil von Avantgarde an der Heimatfront mit Dietmar Diesner (Saxophon, Klarinette), Johannes Bauer (Posaune), Peter Hollinger (Schlagzeug) und Jon Rose (Violine). (Kamera Dokumaterial: Werner Prökel).
 
 

7. Konzert: 16. Oktober
Guy Klucevsek (USA)


(Akkordeon)



8. Konzert: 24. Oktober
Tom Cora (USA)


(Cello)

 
 
 
 
 

1987 - Die Vier Tage
des Unmittelbaren Theaters II


Festival des proT in der proT-Halle, Schleißheimerstraße 418, München
14. - 17. Oktober und 28. - 31. Oktober (Spiegelwoche)
 
Wegen einer schweren Erkrankung von Robyn Schulkowsky findet die am Mittwoch, 14. Okt. Vorgesehene Premiere SKIN : WOOD : METAL : MUSCLE am Mittwoch, den 28. Okt. statt. In der Spiegelwoche werden die Theaterproduktionen der VIER TAGE noch einmal aufgeführt.
 
Die Vier Tage II
 
 
Süddeutsche Zeitung, 14. Oktober 1987

"proT für die Welt"


Alexeij Sagerers Tage des Unmittelbaren Theaters


 
Alexeij Sagerer ist der Größte in der immer kleinmütigeren "freien" Münchner Theaterszene. Wieder einmal macht sich dieser bajuwarische Radikalist daran, die ganze übrige, brave Theaterwelt das Fürchten zu lehren - daß diese die proT-Herausforderung meist gar nicht bemerkt, sei hier wieder einmal mit Bedauern festgestellt. Heute um 19 Uhr startet Alexeij Sagerer mit einer eigenen Produktion "Die vier Tage des Unmittelbaren Theaters": "Intercity Fahrplan II" - um 23.30 Uhr folgt Vinko Globokars "Mein Körper ist eine Posaune".
Morgen um 20 Uhr zeigt Barbara Hammann ihr Video-Theater "Paul und Marianne" und um 22.30 Uhr tritt der Percussionist, Poet, Performer Sven-Ake Johanssen in der proT-Halle auf. Der Freitag gehört Ginka Steinwachs (Literatur:Theater) "Das (f)rohe Ei"und - von 23.30 Uhr an - dem Musiker Rüdiger Carl. Weil Robyn Schulkowsky ihren "Skin-Wood-Metal-Muscle"-Auftritt für diesmal absagen mußte, gibt es zum Abschluß dieser vier unmittelbaren Theatertage nochmals "Intercity Fahrplan II" (19 Uhr!), dafür geht in der "Spiegelwoche der Vier Tage des Unmittelbaren Theaters" - vom 28. bis zum 31. Oktober - Schulkowskys "Musik-Theater" gleich zweimal über die Bühne. "Musik provoziert Theater; Theater provoziert Musik", heißt es dazu. Im übrigen, so Sagerer, verschlingt das Unmittelbare Theater das literarische Theater, das experimentelle Theater, das politische Theater, das Tanztheater, das Musiktheater, das Volkstheater ... bis hin zum Oktoberfest und zur Modenschau." Das Unmittelbare Theater ist ästhetischer Krieg - wer geht hin?!
Thomas Thieringer
 
 

Unmittelbares Theater
Die Vier Uraufführungen


 

Robyn Schulkowsky (USA)


SKIN : WOOD : METAL : MUSCLE


Musik : Theater
Die erste unmittelbare Auseinandersetzung der Künstlerin mit dem Begriff Theater:
Musik provoziert Theater, Theater provoziert Musik.
 
 
Abendzeitung, 30. Oktober 1987

Fluß der Zeitlosigkeit


Percussion-Lady Robyn Schulkowsky im proT


Einzelne, einsame Xylophonklänge tropfen in großen Abständen an allen Stellen des Raums in die Dunkelheit herab. Sie macht sich auf, die Lücken zu füllen, die tönenden Bandpfosten der Pausen zu umspielen: Robyn Schulkowsky, eine Amerikanerin in München, der schlagende und symbolische Beweis für Percussives auf mehreren Ebenen (im proT innerhalb der Spiegelwoche).
Skin : Wood : Metal : Muscle heißt ganz lapidar das Spiel mit notwendigen Elementen, die Voraussetzung für die kleinen und die großen Schwingungen, die das nackte proT durchziehen. Obwohl Robyn Schulkowsky mit der "Time" spielt, sprich Rhythmen und Akzente gegeneinander lagert, hat ihr Spiel, assistiert von Zuspielband weiterer Percussion und zwei ringenden Gymnasten den Fluß der Zeitlosigkeit.
Noch heute 20.00 Uhr, ist Robyn Schulkowskys Musik-Theater im proT zu hören und zu sehen.
Ssirus W. Pakzad
 
 

Barbara Hammann (München)


PAULA UND MARIANNE


Video : Theater
Ein Live-Video-Dialog zwischen den Malerinnen Paula Modersohn-Becker und Marianne von Werefkin. Zugrunde liegen ihre Briefe und Tagebücher. Schwerpunkt der Video- und Laserinstallation ist bewegtes, farbiges Licht, das den geistigen und emotionalen Raum für die beiden aussergewöhnlichen Künstlerinnen schafft.
PAULA UND MARIANNE ist das erste Video-Theater der Künstlerin.
 

Ginka Steinwachs (Hamburg)


DAS (F)ROHE EI


Literatur : Theater
..... mentales stück aus tausendundeiner zeile
motto: un oef c'est peu / deux c'est mieux / trois c'est pitance / quarte c'est outrance -
aus der vor- und frühgeschichte von marylineparis.
 

Alexeij Sagerer (proT)


INTERCITY - FAHRPLAN II


Theater : Theater
Alexeij Sagerer fährt proT: proT fährt INTERCITY! Vierbahnentheater. Sehr geschätzte Dauer 4 Stunden! 4 MusikWaggons! 4 SpeiseWägen! 7 Schauspielerbeamte auf 4 Bahnen! Fensterplätze zum Rausschaun oder NichtRausschaun. 840 Ausblicke! ähnliche oder verschiedene.
INTERCITY wird immer weiter formuliert, mit neuer Besetzung, neuen Fahrplänen, neuer Musik, neuen Videos... Er wird an den verschiedensten Orten immer wieder verändert gefahren werden und trotzdem immer INTERCITY bleiben.
 
 
Süddeutsche Zeitung, 09. Oktober 1987, POP CORNER
Zum zweitenmal veranstaltet das proT vier Tage des Unmittelbaren Theaters. Von Mitwoch nächster Woche bis einschließlich Samstag werden im Anschluß an das Theaterprogramm vier Premieren in der proT-Halle neben der Alabamahalle geboten. Musikalisch wollen die Interpreten auf die vorangegangenen Stücke Bezug nehmen. Mittwoch tritt einer der besten Posaunisten, der Franzose Vinko Globokar auf. Titel seines Programms: "Mein Körper ist eine Posaune". Das Konzert besteht aus Theater und Musik. Film-Projektionen und Gesang, Spiel und Sprache.
Am Donnerstag läuft auf der "Theaterbühne" der Live-Video-Dialog "Paula und Marianne" der Münchnerin Barbara Hammann. Es ist die Auseinandersetzung zwischen den beiden Malerinnen Paula Modersohn-Becker und Marianne von Werefkin. Im Anschluß daran tritt der Percussionist, Poet und Performer Sven-Ake Johansson auf. "Meine theatralische Komponente", so sagte einmal der Schwede, "resultiert aus dem Prozeß des Musikmachens." Das Verhältnis Mensch/Musik werde bei einem Schlagzeuger besonders deutlich. Auf was dann letztlich geschlagen werde, sei völlig gleich. Der Fundus reicht bei ihm von Plastikschälchen bis zum Telephonbuch. Der Rhythmus und die ständigen Tempiwechsel bringen das Umfeld zum Klingen.
Am Freitagabend spielt dann der Frankfurter Jazzer Rüdiger Carl Akkordeon, Ziehharmonika, Klarinette und Saxophon. Am Samstag nächster Woche tritt zum Abschluß in der proT-Halle Kevin Coyne auf.
Wolfgang Stegers
 
Intercity

1985 - 1987 - Intercity


Vierbahnentheater - Fahrplan I
proT-Halle, Schleißheimerstraße 418, München. UA 31. Dezember 1985
 
Vierbahnentheater - Fahrplan II
proT-Halle, Schleißheimerstraße 418, München. Premiere 14. Oktober 1987 bei "Die Vier Tage des Unmittelbaren Theaters II"
 
Intercity entsteht im Anschluss an die Produktion proT mit Satie. Für proT mit Satie werden parallel zur Musik "Vexations" von Erik Satie Intensitäten entwickelt. Diese Intensitäten werden von sieben Akteuren unter dem Namen "Endlostheater" hergestellt. Dieses "Endlostheater" wird für die folgende proT-Produktion Intercity weiterentwickelt und mit einer von vier Musikern für Intercity produzierten proT-Musik verbunden. Sowohl das Endlostheater als auch die proT-Musik folgen einem eigenen "Fahrplan" (Ablauf), der mit der Zahl 840 und der Anzahl der Akteure (7) und Musiker (4) komponiert ist.
 
 

Intercity - Fahrplan II - 1987


TheaterDoku - VHS - Farbe/Ton - 00:32:47 Std. - proT-Halle 1987
 

 

 
Intercity entsteht im Anschluss an die Produktion proT mit Satie. Die TheaterDoku Intercity - Fahrplan II - 1987 gibt Einblick in das Theaterprojekt "Intercity - Fahrplan II" von Alexeij Sagerer am 14. und 17. Oktober 1987 in der proT-Halle, Schleißheimerstraße 418, München. 7 Akteure spielen nach Fahrplan auf 4 Bahnen insgesamt 28 einminütige szenische Arbeiten mit verschiedenen Intensitäten, jeweils 30 mal. Davon hat jeder Akteur eine Auswahl von 12 verschiedenen Intenstitäten, die er jeweils in einem 10er-Block spielt. Jeder Akteur spielt damit 120 Einheiten. Jede Intensität kann dabei auf jede Intensität treffen. Entsprechend dazu arbeiten vier Musiker mit 28 verschiedenen einminütigen Musikintensitäten. Sowohl das Endlostheater als auch die proT-Musik folgen einem eigenen "Fahrplan" (Ablauf), der mit der Zahl 840 und der Anzahl der Akteure (7) und Musiker (4) komponiert ist. Geschätzte Dauer 4 Stunden.
Akteure: Werner Eckl, Susanne Stiefvater, Göttin Gala, Sonja Breuer, Gerlinde Eger, Imke Toksoez, Franz Lenniger. Musiker: Werner Aldinger, Hans Lechner, Cornelia Meliàn, Cornelie Müller. TheaterDoku: Andreas Tröger für proT.
 
(...) Vier schmale Bühnenpodeste hatte Sagerer in seine proT-Halle gebaut, Auftritte für sieben Darsteller, die jeweils vier Rollen - Minidramen, Szenensegmente aus früheren Sagerer-Produktionen - an die Rampe zu spielen haben, in wechselnden Kombinationen, auf wechselnden "Bahnen". 840 verschiedene Einstellungen werden durchgespielt, die Wiederholungen der einzelnen Auftritte sind von bestechender Präzision: am schönsten, wie Franz Lenniger immer wieder in einem brennenden Buch liest, wie Susanne Stiefvater aus einem Schnapsfläschchen trinkt, Gerlinde Eger als Ballett-Tänzerin erschöpft zusammensinkt. Kein Stück also, sondern flüchtige, ständig changierende Impressionen, die zusammengehalten werden durch eine vorantreibende Musik- und Toncollage, durch romantische Lieder (gesungen von Cornelie Müller, am Klavier begleitet von Karin Deckwitz) und Percussion-Klänge (von Colin Gilder und Musikern vom "Tape"-Theater).
Ein synthetisches, ein mathematisches Spiel ist dieses "Intercity-Vierbahnen-Theater", das Sagerer am Mischpult für Licht und Ton in Gang und Rhythmus hält. Ein Kopfspiel also mit den Theaterelementen, aus denen sich der Zuschauer, so lange er will, seine Geschichten zusammenstellen kann. Wenn er sich sattgesehen und -gehört hat, kann er sich in den "Speisewagen" zurückziehen, um sich für weitere Sagerer-Abenteuer mit Tafelspitz und Gemüseauflauf zu stärken oder in einer Ecke der Halle Video-Bänder aus älteren Sagerer-Aufführungen zu Gemüte führen. Noch einmal will der eifrige und wahrhafte Volkstheatervorkämpfer sein "Intercity"-Spektakel wiederholen (am 5. Januar). Eigentlich schade, daß er diesen Zug nicht öfter fahren läßt, denn in der proT-Halle kann man während dieser Reise für sich und ganz ohne Zwang das Theatererlebnis holen, das man will.
Thomas Thieringer, Süddeutsche Zeitung, 4./5./6. Januar 1986
 
 

Unmittelbare Musik - proT-Halle
Vier Solokonzerte


 
 
Vinko Globokar
 
 
Abendzeitung, 08. Oktober 1987

Körperteil Posaune


"Wo die Wildsau ihr Sausein austrägt, trägt das Hausschwein Schnitzel." Genauso wie Sagerers "proT" das Verhältnis des "Unmittelbaren Theaters" zum etablierten Theater "schweinisch" beschreibt, so sei es auch mit der Musik. In der Konzertreihe zu den "Vier Tagen des Unmittelbaren Theaters" vom 14. bis 17.10. (22.30 Uhr) zeigen Vinko Globokar, Sven-Ake Johansson, Rüdiger Carl und Kevin Coyne, wie sich das anhört (neben der Alabama-Halle). Jeweils nach den Theateraufführungen kommt die Musik-Performance zum Zug.
 
 

14. Oktober
Vinko Globokar (Frankreich)


MEIN KÖRPER IST EINE POSAUNE GEWORDEN


Theater - Musik mit Aktionen, mit Film-Projektion, mit Gesang, mit Spiel, mit Sprechen. Werke von Wyttenbach, Kagel, Berio und Globokar.
 
 
(...) Posaunist Vinko Globokar versucht am 14.10., die Einheit von Mensch und Instrument zu erreichen. Sein seit Jahren gewachsenes und verwandeltes Stück zeigt die Posaune als "Verlängerung des Körpers". (...)
 
 

15. Oktober
Sven Ake Johansson (Schweden)


PERCUSSIONIST, POET, PERFORMER


Die theatralische Komponente resultiert aus dem Prozess des Musikmachens.
 
 
(...) Bei ihm als Schlagzeuger ergebe sich das theatralische Element von selbst, meint Sven-Ake Johansson, durch die Bewegung (15.10.). Der Wahl-Berliner, Percussionist, Poet und Performer, hat Hard-Bop-Jazz getrommelt und erzeugt jetzt seine Geräusche weit unkonventioneller. (...)
 
 

16. Oktober
Rüdiger Carl (Frankfurt)


AKKORDEON, ZIEHHARMONIKA, KLARINETTE, SAXOPHON

 
 
(...) Johanssons häufiger Partner Rüdiger Carl kommt dagegen als Saxophonist eher vom Free-Jazz, hat sich aber auch in das Akkordeon hineingedacht und stellt das Eigenleben der Quetschkommode am 16.10. vor. (...)
 
 

17. Oktober
Kevin Coyne (GB)


BURSTING BUBBLES


dialogues and songs
special guest: Stefanie Hecht
 
 
(...) Als bissiger Rock-Entertainer hat der Brite Kevin Coyne einen Namen. Handfeste Mann-Frau-Probleme stellt er in Songs und Dialogen mit seiner Freundin Stefanie Hecht vor (17.10.), unmittelbar eben. (nn)
 
 
Die Vier Tage 1987
 
 
TEMPO MÜNCHEN, Nr. 4 / Mai 1986

Vier Tage Theater total


Unmittelbares Theater und domestiziertes Theater sind wie Wildsau und Hausschwein. Wo die eine ihr Sausein austrägt, trägt das andere Schnitzel. Sagt Alexeij Sagerer, "Tieger" in der Wüste der Konventionen. "Besser besessen als tot!"
Ein Quirl wird Theater. Eine Motorsäge wird Theater. Schweine, Licht, Video, Musik, Sprache und Bilder über Bilder gehören zum Theater. Zumindest zum Prozessionstheater des Kulturquerulanten Alexeij Sagerer. "Alles, was sich bewegt, bewegt sich", definiert er es unter anderem in seinem Manifest. Zur handlichen Erhellung trägt das nicht unbedingt bei. Wieso auch. Alexeij Sagerer ist intellektuell, abgehoben, dialektisch, dialektal, multimedial, humorvoll, ferkelnd und provokant. Alles auf einmal, aber er will nur eins: das Unmittelbare.
"Das konventionelle Theater simuliert schon wieder Theater", sagt Sagerer. Es lügt, es serviert Geschichten mit Anfang, Ende und Moral - Kontakt zu sich und dem Publikum habe es nicht, nicht wirklich. Das ist wie mit der Kirche. Sie weckt das Gefühl, manipuliert es und verrät es. Sie zerstört die Intensität, führt den Gläubigen in die Irre und läßt ihn im Stich.
"Oh, oh, Maiandacht" nennt Alexeij Sagerer sein neuestes Stück, das das proT während der "Vier Tage des Unmittelbaren Theaters" aufführen wird. Dabei geht es um die genannten Dinge, um das "Verständnis der existentiellen Bedürfnisse und Zustände". Wie das ausschaut und wo das hinführt? "Wir brauchen kein Ziel um zu arbeiten. Vielleicht im Sinne von Erlösung, Loslösung, von Zielsetzung nicht."
Alexeij Sagerer findet immer Möglichkeiten, alte Worte neu zu formulieren, das gängige Verständnis mit grundsätzlichen Inhalten aufzufüllen. Er zeigt, wie man mit wenigen Sätzen, rein formaler Konstruktion, einen Menschen abgrundtief verunsichert, er schreibt Texte, die Abstraktes nicht erklären sondern spürbar machen. Und er tut es mit Inbrunst.
Alexeij Sagerer ist der "Tieger von Äschnapur"., ein Wesen, das er schon seit Jahren immer wieder neu präsentiert. Das Publikum besteht aus zahllosen, eingeschüchterten und resignierten Tiegerjägern, "die, wo alle zu Gefängniswärtern geworden sind". Und er sitzt in der Zelle, will raus und beginnt daher zu handeln. "Und da sag ich mir, da feierst einfach eine Messe ..." - "a... mir ist es zu langweilig, Fips".
Prozessionstheater ist nie langweilig, aber eingängig auch nicht. Auf den Bildschirmwänden wechseln die Szenen, gegen die Musik ist Stockhausen ein Waisenkind. "Das Licht ist schon Handlung." Die Bewegungen der Schauspieler sind unvermittelt plötzlich, abrupt. Die Sprache formt keine Story. Nichts ist vorhersehbar, nirgends der rote Faden mit Wiedererkennungseffekt, an dem man sich sicher entlanghangeln könnte. Nichts kommt wie erwartet, sondern stets verquer von einer ganz anderen Seite, direkt und - unmittelbar.
"Was wollts denn wirklich sehn, mein Arschloch oder was wollts denn sehn oder wia ich mich ausziag umananda zuck oder was". Das mit der allgemeinen Erwartungshaltung ist ärgerlich. Mitleid, Wissen, selbstgefälliges Beipflichten - all die Dinge, mit denen sich ein Publikum unbehelligt im Dunkel herumdrücken und rauswinden kann - sind nicht gefragt. Passiver Voyeurismus, oder die während der falschen Geschichte, mitgeheulte falsche Träne - wozu?
Der Zuschauer im proT trifft auf Wirklichkeit, auf selbstverfaßte Texte, erlebte Emotionen und Kunst. Auf eine neue Kunst-Wirklichkeit, die gewohnte Zusammenhänge aufreißt, um die Lust schlechthin - aus Kopf und Bauch - wieder zum Platzen zu bringen. Normal ist gar nichts, hier nicht. (Das Normale muß hier Wahnsinn wittern.) Sprüche?
Konkret wird es vom 7. bis 10. Mai in der proT-Halle. Schleißheimerstraße 418. Mit dabei sind das Tape-Theater von Colin Gilder("Magic, isn't it!") mit "No plays" und der minimal club ("Alles hat Funktionen") mit "die zukünftige frau des sohnes 1954" nach einer Zeichnung von Joseph Beuys.
Unmittelbare Musik spielen die Schweizer Stephan Wittwer (E-Gitarre) und Martin Schütz (Bass & Cello) am 8.5., Andrea Centazzo (Percussion & Schlagzeug) aus Italien und Peter Frohmader (Elektronik & Bass) aus München am 9.5., und "Pöhl Musik" aus dem Ruhrgebiet versuchen den "Einbruch in die Klangstille" am 10. Mai. (...)
Karen Cop
 
proT Halle

Die proT-Halle. Unmittelbares Theater, letzte Tiegerspuren, Abbruch ...
1983 - 1988


1983 holt sich das proT die proT-Halle, Schleißheimerstraße 418, München.
 
In der proT-Halle und für die proT-Halle entsteht 1986 die Urform von oh, oh Maiandacht für Die Vier Tage des Unmittelbaren Theaters, die das proT 1986/1987 in der proT-Halle veranstaltet. Weitere entscheidende Produktionen, die aus der proT-Halle entstehen, sind unter anderem proT mit Satie (1985) und Intercity (1987). Mit den 7 Exorzismen, Das Stärkste TierSpielSpur und dem Abriss der proT-Halle mit Musik im April 1988 enden die letzten Tiegerspuren.
 
 
Verkuendigung
 
 
 

 
Samstag/Sonntag, 03./04. August 2024
 
Der freie Radikale des Theaters
Alexeij Sagerer, Münchens eigenwilligster und widerborstigster Theatermacher wird 80. Eine kleine Verneigung.
 
München - Plattling. Dort wurde Alexeij Sagerer am 4. August 1944 geboren. Herkunft prägt. Zwei Beispiele aus Jahrzehnten: Knapp 50 Jahre nach seiner Geburt erfand Sagerer zwei theatrale Solovorgänge, "Didawischifeischono" (dich erwische ich schon noch) und den "Tanz in die Lederhose". Zwei infernalische Darbietungen, die zusammenbrächen, stockten sie nur für einen Moment. Der erste ist das Wort allein, kehlig, kräftig, strudelig, bedrohlich, aber auch zart. Wiederholung, Wandlung, bis zur Erschöpfung. Der zweite ist das, was der Titel sagt. Sagerer zieht Hose und Hemd aus, Zoro Babel trommelt einen Walzer, Sagerer hüpft und tanzt, die Lederhose in den Händen. Die Bewegung darf nicht abreißen, aber es ist nicht leicht, dabei in die Lederhose zu kommen. Die furchterregende Energie findet ihren Trost in der Abnutzung des Körpers. Sagerer, schließlich in Lederhose, sinkt in einen gepolsterten Stuhl. Bier.
 

 
Sagerers eigenes Postulat der Unabhängigkeit kostete ihn die Förderung
 
Zu diesem Zeitpunkt war Alexeij Sagerer schon eine Theaterlegende in München. 1968 hatte er seinen ersten Auftritt in München, 1969 gründete er das proT, der Keller in der Isabellastraße 40 wurde zu einem heiligen Ort für unkorrumpierbare, wilde Kunst. Von dort aus eroberte Sagerer die Stadt, spielte im Tierpark Hellabrunn, verlassenen Industrieanlagen, in der Muffathalle. Dort fand eine seiner schönsten Arbeiten statt, "Das OR-05", 28. Januar 2006. Die Halle war leer, vollkommen. Und auch vollkommen dunkel. Und vollkommen mit weißem Streusalz ausgestreut, aber das sah man erst einmal nicht. Von 18.28 Uhr an wurde sie heller. Sehr langsam. Um 21.44 Uhr war sie gleißend hell. Und sehr warm. Das Salz strahlt Wärme ab. Ein reiner Vorgang, ein Bild, ein Gleichnis, vor allem aber eine Erfahrung blanker Sinnlichkeit. Keine Erklärung notwendig.
 
Nie ließ er sich vereinnahmen. Als 2005 die Kammerspiele anfragten, beschied der denen, "Institute produzieren Institution, und in gewisser Weise ist das auch richtig so. Aber richtig ist auch, dass die Institution kein Ziel meiner Theaterarbeit ist." Lieber baute er Projekte über Jahre zusammen, den "Tieger von Äschnapur" oder das "Nibelungen & Deutschland Projekt", politisches Theater sicherlich, aber nicht als mögliche Anweisung zum Handeln. Das Publikum muss die Bedeutung des Gesehenen oder Erlebten schon selbst bestimmen, da hilft ihm keiner; es soll die Stücke sehen und nicht auf Erklärungen warten, denn dieses Warten behindert die Wahrnehmung. Sagerer erfand das "unmittelbare Theater". Und unmittelbar heißt, es verfolgt keinen anderen Zweck, als zu passieren. Es ist wie bei einer Berührung, die keine Absicht hat. Und deshalb fantastisch sein kann. Nicht pädagogisch, nicht didaktisch, aber eben fantastisch.
 
Und natürlich voller Spleens. Zahlen zum Beispiel sind immer wichtig, verschrobene Zahlenverhältnisse, die den Ablauf, der schon mal ein paar Stunden dauern kann, strukturieren. Oder, während einer Aufführung im Ampere der Muffathalle, eine Live-Schaltung in Oppe’s Bistro im oberpfälzischen Floß zu sechs Trinkern, die etwas von ihrem Treiben verstehen, aus ihrer heiligen Andacht erwachen, die Jukebox entdecken und "Guardian Angel" singen.
 
Sagerers eigenes Postulat der Unabhängigkeit kostete ihn die Förderung, obwohl er eigentlich ein Denkmal vor dem Kulturreferat verdient hätte, bei aller Widersprüchlichkeit seiner Person und seines Handelns. Immer postulierte er das Außen – schon mit dem Begriff freie Szene kann Sagerer nichts anfangen. Er ist das freie Radikal. Und jetzt ist er 80. Kein Alter für einen aus Plattling.
 
EGBERT THOLL
 
 
über 25.500 Views auf Youtube!

Tanz in die Lederhose

Tanz in die Lederhose Tanz in die Lederhose
31. Dezember 1991, proT-ZEIT, München, Steinseestr. 2 (YouTube 5:15 Minuten)
 

 

 
Tanz in die Lederhose ist der fünfte Teil der einmaligen Aufführung von "Der Nibelung am VierVideoTurm" vom 31. Dezember 1991, proT-ZEIT, München, Steinseestr. 2, mit Alexeij Sagerer und Zoro Babel. (Kamera: Werner Prökel). Premiere der wiederholt hergestellten Aufführung von Der Nibelung am VierVideoTurm - Nibelungen & Deutschland Projekt (I-1) mit Alexeij Sagerer und Zoro Babel ist am 12. Februar 1992.
 
 

di dawisch i fei scho no Präsident 2010

Tanz in die Lederhose
26. März 2010, Akademie der Bildenden Künste, München (YouTube 7:35 Minuten)
 

 

 
di dawisch i fei scho no Präsident 2010. 26. März 2010, Akademie der Bildenden Künste München, Aula - anlässlich der Amtsübergabe der Präsidentschaft der Akademie von Prof. Nikolaus Gerhart an Prof. Dieter Rehm - mit Alexeij Sagerer und Zoro Babel. Kamera: Maria Rilz.
 
Lust auf proT

proTshortcuts auf Youtube

 
 

proT-shortcuts sind intensive Film-Ausschnitte von oder mit proT: Theaterdokumentationen, live-film, Unmittelbarer Film ... oder kurze proT-Filme wie Film-Comics, Vorfilme, Werbefilme ...


 
 
Verkuendigung
 
 
 
Die 11.000 Euro Kanne
BLAU

 

 

Am 28. Juni 2024 verkauft das proT für 11.000 Euro die signierte Alexeij Sagerer Kanne BLAU.


 

 

 

 

Und die Blaue 11.000 Euro Kanne vertritt die Organisationshoheit des proT und spricht! Alles sind Konsistenzebenen und Kompositionen und dabei arbeitet die Lebendigkeit mit der Einmaligkeit und jede dieser einmaligen Konsistenzebenen entsteht in einem Prozess durch Prozessionstheater und jetzt erscheint das Theater des Aussen und es kommt ungefragt und unberechenbar und nur so entsteht es, das Unmittelbare Theater.


 

 

 

 

 

 

Die 11.000 Euro Kanne in BLAU ist Unmittelbares Theater. Sie propagiert nicht das Andere, sondern sie ist das Andere.


 

 

Die Alexeij Sagerer Kanne BLAU steht für die Präsenz des proT und für die Entwicklung der proT-homepage als eigenständiges Projekt. Möglicherweise stellt sie das proT-Archiv vor. Und spielt mit der Vorstellung von "Das Unmittelbare Theaterblut aus der Penisvene" als proT-Produktion.

 
 
Verkuendigung
 
 
Die 7000 Euro Kanne
ROT

 

Am 7. Mai 2023 verkauft das proT für exakt 7000 Euro die erste Alexeij Sagerer Kanne.
Die Kanne ist ROT
und signiert mit AS 2023.


 

 

 

 

 

 

Der Beginn:
Die 7000 Euro Kanne steht voll hinter proT und der Arbeit von Alexeij Sagerer. Pfingsten 2023, die Kanne beginnt zu sprechen und wird auch gehört.

 
Verkuendigung
 
 
Die 7000 Euro Kanne
ROT
Fortsetzung 1

 
 

Vor etwa einem Jahr - im Mai 2022 - es ist die Zeit um die Eröffnung der Ausstellung "Die Lust am anderen Theater" (freie darstellende Künste in München) des Deutschen Theatermuseums, leitende Kuratorin: Birgit Pargner, wird offensichtlich versucht, von angelernten Theatermachern und Kulturverwaltern durch "üble Nachrede" Unsicherheit über die Arbeit des proT und Alexeij Sagerer zu streuen. Dabei fallen Namen wie Ute Gröbel, Benno Heisel oder Michael Ott als Autoren. Personen, die offensichtlich ihre Rolle als relevante Kunstkritiker und Theatererkenner masslos überschätzen.


 
 

Dazu versichert die 7000 Euro Kanne allen Interessierten hier verbindlich: Niemand, der die Arbeit von Alexeij Sagerer (oder irgendjemand anderem) schätzt, muss sich vorher bei Gröbel, Heisel oder Ott die Berechtigung oder den Segen dazu einholen.


 

Hierzu präsentiert die Kanne auch einen kurzen Ausschnitt aus unserer Präsentation der Ausstellung im Deutschen Theatermuseum vom 04.05.-31.07.2022:

 
 
proT und
"Die Lust am anderen Theater"

 
 
proT Theatermuseum 2022 - Die Lust am anderen Theater
 
 
 
 
proT Theatermuseum 2022 - Die Lust am anderen Theater
 
 

Die Ausstellung wird begleitet von der 256-seitigen Publikation
Die Lust am anderen Theater
Herausgegeben von Dr. Birgit Pargner, Henschel Verlag 2022


 
Mit drei Texten zur Arbeit von Alexeij Sagerer und das proT:
 

Helmut Schödel
Das Es-ist-was-es-ist-Theater des Alexeij Sagerer


 

Egbert Tholl
Alles gehört zusammen. Alexeij Sagerer und sein Theater der Unmittelbarkeit


 

Birgit Pargner
Alexeij Sagerer - immer wieder ein Erlebnis


 
 
Verkuendigung - Neid
 
Die 7000 Euro Kanne
ROT
Fortsetzung 2

 

 

"Also, ich frag mich ja schon, wie der Sagerer das wohl macht, dass in seinem Stück "Liebe mich! Wiederhole mich!" drei Frauen nackt auf der Bühne sind."  

Aufgeschnappt, München, 04. Mai 2022
 

 

Obwohl inzwischen, vor allem bei angelernten Theatermachern, wachsende Unsicherheit über die Erscheinung von Nacktheit herrscht, präsentiert "Die 7000 Euro Kanne - ROT" die proT-Produktion "Liebe mich! Wiederhole mich!" mit dem Unmittelbaren Film "Liebe mich! Wiederhole mich!" und einem Textausschnitt in Blau von Birgit Pargner zu "Liebe mich! Wiederhole mich!" aus der Publikation des Deutschen Theatermuseums "Die Lust am anderen Theater - Freie darstellende Künste in München" auf der proT-jetzt!:

 
 
Liebe mich!
Wiederhole mich!

Unmittelbarer Film - DV-SD - Farbe/Ton - 01:41:10 Std. - Prod. proT - 24.02.2016
 
 
Der Unmittelbare Film Liebe mich! Wiederhole mich! entsteht mit dem Film- und Theaterprojekt Liebe mich! Wiederhole mich! am 24. Februar 2016 im proT auf "Die Säulenhalle", München. Mann: Johannes Oppenauer. Frau in Weiss mit Schleier: Judith Gorgass. Frau in Weiss und Rot: Stephanie Felber. Frau in Weiss Kameraperformance: Anja Uhlig. Live-Bildschnitt: Christoph Wirsing. Kamera: Ludger Lamers, Anja Uhlig, Alexeij Sagerer. Film-/Raumton-Regie: Philipp Kolb. Ein Film von Alexeij Sagerer.
 
 

 
Und worum geht es bei Liebe mich! Wiederhole mich!. Um die Nacktheit. Um das Sterben als fortschreitende Nacktheit und um die Nacktheit als Berührung. Wobei die Nacktheit des Mannes ihn von innen nach aussen berührt. Die Nacktheit und die Berührung als Komposition. Und der Mann berührt sich von innen während er stirbt. Und der Mann wird nackt von innen während er stirbt. Das Sterben berührt den Körper von innen und zwar überall. Es ist eine dauernde Bewegung. Milieuwechsel! Und der Mann weiss, dass er stirbt und dabei von innen heraus nackt wird und gleichzeitig Teil einer theatralen Komposition ist. Und er weiss um die nackten Körper der Frauen, die sich berühren und dadurch auch Teil dieser theatralen Komposition sind. Und der gestorbene Körper ist der nackteste Körper in dieser Komposition.
 

 
Und gegenüber die drei Frauen. Ihre Nacktheit berührt sie von aussen. Und es sind drei verschiedene Berührungen. Drei verschiedene Nacktheiten. Und ihre Nacktheiten stellen mit der Nacktheit des Mannes die theatrale Komposition her. Und es sind drei verschiedene Nacktheiten der Frauen. Die in den Raum gestellte Nacktheit der stehenden Frau. Die Nacktheit der Frau, die sich selbst berührt und nur bei sich selbst bleibt, während sie öffentlich ist. Und die betrachtende Nacktheit der Frau mit der Kamera, die nackt ist und gleichzeitig die Nacktheit sieht und ebenfalls öffentlich ist und gleichzeitig die theatrale Komposition herstellt. Und es geht um die Unvergleichlichkeit der Nacktheit.
 

 
Birgit Pargner

Alexeij Sagerer - immer wieder ein Erlebnis


in: Publikation des Deutschen Theatermuseums "Die Lust am anderen Theater - Freie darstellende Künste in München", Henschel 2022, 256 Seiten. S. 44-50.
 
(...)
 
Körperlichkeit und Bewegung als künstlerische Ausdrucksmittel sind wichtige Elemente in Sagerers Theater- und Kunstauffassung. Mit dem Element der extremen körperlichen Verzögerung tritt ein Mittel zur Steigerung der Intensität und zur Sichtbarmachung von sich vollziehenden Vorgängen oder Zuständen hinzu. Auch in Programm Weiss, das sich über die Jahre 2005 bis 2016 erstreckt, besonders aber im dazugehörigen letzten Teil Liebe mich! Wiederhole mich! schafft Sagerer mit dem, was er herstellt, viele Intensitäten und Bewusstseinsebenen gleichzeitig.
 
Uraufgeführt in der Säulenhalle an der Arnulfstraße geht es darin um die Sichtbarmachung der simultan stattfindenden Prozesse des Lebens und Sterbens. Das bestimmende Element aller Bewegungen auf der Bühne, die einer ständigen Wiederholung untergeordnet sind, ist die extreme Langsamkeit aller körperlichen Bewegungen, die in Zeitlupentempo ablaufen. Die stumme Performance findet auf jenem stegartigen roten Podest statt, wie es uns schon aus dem Nibelungen & Deutschland Projekt bekannt ist. Am hinteren Ende des Steges befindet sich ein großer Raum aus Glas. Es ist jener Raum, in welchem drei junge Frauen agieren: Eine von ihnen betritt zu Beginn zielstrebig diesen Raum, zieht sich nackt aus und ergreift eine Kamera, um damit bis zum Ende der Aufführung die beiden anderen Frauen zu filmen. Die Braut mit Schleier und ihre Brautjungfer - selbst im weißen Kleid - beginnen die Aufführung mit ihrem extrem langsamen und barfüßigen Entlangschreiten auf dem roten Steg außerhalb des Glaskastens an den etwas unterhalb sitzenden Zuschauern vorbei, die Braut voran - sie trug übrigens das Brautkleid von Sagerers Mutter -, hinter ihr die ebenfalls weißgekleidete Brautjungfer, die ihr den Schleier trägt. Nach wenigen Schritten beginnt die Brautjungfer dicht am Körper der Braut langsam und spielerisch deren Kleid bis über Scham und Po zu schieben. So bleiben sie dann kurz vorm Publikum stehen, um in diesem Bild zu verharren. Dann gehen sie im gleichen langsamen Tempo in umgekehrter Reihenfolge zurück zum Glasraum, diesmal wird der Körper der Brautjungfer von der eng hinter ihr schreitenden Braut auf dieselbe Weise entblößt. Über allem liegt die sakrale Feierlichkeit eines Gottesdienstes.
 
(...)
 
Alle intimen Momente und Bewegungen der Frauen, die die Kamerafrau in Nahaufnahmen von der Braut einfängt, sind unterhalb des Bühnensteges auf zahllosen Bildschirmen für die Zuschauer sichtbar: etwa ihr nackter Fuß auf dem roten Boden, der unter dem Brautkleid hervorlugt; ihr allmähliches Sich-Ausziehen, ihre dunklen Haarsträhnen auf der weißen Spitze ihres Kleides und auf ihrer nackten Haut, schließlich das Räkeln ihres nackten Körpers auf dem roten Boden, ihre Finger, die langsam und in lustvoller Selbstversunkenheit bis zur Scham vorgleiten.
 
Die Braut als das personifizierte Lebens- und Lustprinzip einerseits und der Sterbende auf der Filmleinwand andererseits bilden die beiden konträren Pole in dieser Aufführung. Die künstlich und künstlerisch hergestellte Gleichzeitigkeit der Vorgänge konnte Sagerer durch die Möglichkeiten des Filmschnitts in seinem Unmittelbaren Film besonders fühlbar machen, indem er das Geschehen auf der Bühne und auf der Leinwand in einer harten Aufeinanderfolge kontrastierender Einblendungen zeigte. Sah man gerade noch eine malerische Nahaufnahme der Nackten im Glaskasten, wird plötzlich das erstarrte Gesicht des Toten eingeblendet, das die Kamera aus unterschiedlichen Perspektiven zeigte, worauf wiederum eine Einblendung des Rituals der Nackten im roten Slip zu sehen ist. Dieses Mittel zeitlicher Überlagerung und Verdichtung sorgt für eine besonders intensive Dynamik, unterstützt von den Wirkungselementen Licht, Farbe, Körperlichkeit und Musik - wie aus weiter Ferne hört man bei Einblendungen des Sterbenden immer wieder Ausschnitte aus der Ouvertüre von Tristan und Isolde und ein mexikanisches Volkslied von der Wirkung eines Klageliedes.
 
Liebe mich! Wiederhole mich! ist eine Arbeit ohne Worte. Es soll keine persönliche Geschichte erzählt werden. Liebe mich! Wiederhole mich! will im ungestörten Besitz der Intensität und Kraft seiner Körperlichkeit bleiben.
 

Das Filmprojekt

Liebe mich! Wiederhole mich!


Unmittelbarer Film - DV-SD - Farbe/Ton - 01:41:10 Std. - Prod. proT - 24.02.2016
 
Das Theaterprojekt

Liebe mich! Wiederhole mich!


Programm Weiss - Sterben und Lebendigkeit
 
Verkuendigung
 
Die 7000 Euro Kanne
ROT
Fortsetzung 3

 

 

Die 7000 Euro Kanne, frägt sich, ob durch "die Nähe", das Zusammenwirken der Kulturbehörde der Stadt mit der städtischen Spielstätte "Theater HochX" und dem Verein "Netzwerk Freie Szene e.V.", gefördert von der Landeshauptstadt München, nicht eine Art Blockwartsituation entstanden ist, in der (wem auch immer) "unliebsame" Künstler gemeldet werden können.
Dabei geht es zum Beispiel um Aussagen, die die künstlerische Arbeit von Alexeij Sagerer "indiskutabel" finden, da "ein gewisser Sexismus in seinem Schaffen ganz klar erkennbar ist".

Aufgeschnappt, München, Januar 2023
 

 

Darauf antwortet die 7000 Euro Kanne mit der Frage: "Erfüllt bereits "Rote Wärmflasche tanzt" den Tatbestand von Sexismus?"


 
Rote Wärmflasche tanzt
 
Rote Wärmflasche tanzt ist der Prolog zur Theaterproduktion: "Der Tieger von Äschnapur Drei oder Ich bin imbrünstig mein Alexeij Sagerer". Premiere am 14. Juli 1979, proT, München, Isabellastr. 40. (Kamera: Fips Fischer)
Thomas Thieringer

Tieger von Äschnapur, drei


Alexeij Sagerer im proT


in: Süddeutsche Zeitung, 16. Juli 1979, Feuilleton
 
 
Alexeij Sagerer spielt mit seinem proT (Prozessionstheater) verrückt, phantastisch, radikal monomanisch. Da treibt einer Theaterbilder aus sich heraus, chaotisch perfektionierte, frech verhöhnende, schön komische, sucht Worte dazu, aber unter dem Druck der kunstvollen Anstrengung mißraten sie zu einem erschütternden Gestammel: über Theater, das durch Subventionen konsumierbar gemacht wird, ist kaum mehr etwas Treffendes zu sagen. Sagerer rennt mit einem von Mal zu Mal grimmiger werdenden Mut in seine Stückanfänge -- über die er nicht hinauskommt, nicht hinauskommen will, denn sonst geriete er in dramatische Zwänge, unter denen sich alles so leicht erklären läßt: Er zerreißt seine Zuschauer gerne -- wie in seinem neuesten "Tieger von Äschnapur"-Programm -- in diesem Möcht'-gern-was-nach-Hause-tragen-Bemühen; rechts zeigt er dem wie für eine Beschwörung sich gegenübersitzenden Publikum den brennenden "göttlichen Osterhasen"(aus Achternbusch), sich selbst dann als fanatisch durch den Wald rasenden Sandbahnfahrer, und links wirft er die alle Interpretation ad absurdum führenden Kommentare an die Wand, während der Alleindarsteller Sagerer im Wilderer-/Jägerkostüm fasziniert den Gang des Sekundenzeigers verfolgt: Sagerer, der "permanente" Tiegerjäger, der die bei Erfolg versprochene Prinzessin weiter denn je aus den Augen verloren hat. Oder ist dieser entsetzensvolle Kreuzigungsgang -- Sagerer macht ja Prozessionstheater -- wo man ihm das "Just married" ins Rückgrat gehauen hat, auch anders zu deuten (?!) --, daß er nämlich seine Prinzessin -- unglücklicherweise -- gewonnen hat.
 
Seit Anfang 1977, seit seiner ersten "Tieger von Äschnapur"-Prozession ("Ich bin die letzte Prinzessin aus Niederbayern") rennt er seinem Jagdglück und dieser seiner Theater-Dulcinea nach, durch dick und dünn -- will sagen, volkstheaterkomisch und multimedial überspannt: Heute, bei seinem vierten "Tieger"-Lauf (der nullte wird mitgezählt) ist Sagerer grimmiger, radikaler und präziser in seiner Auseinandersetzung mit dem Theater als je zuvor. Den absurden Volkstheaterzauber -- den sein "Ensemble" so wunderbar augenrollend-dumpf beherrschte -- hat er sich mehr und mehr verkniffen und seine Theatergruppe hat er bis auf sich selbst abgebaut -- "Ich bin imbrünstig mein Alexeij Sagerer" nennt er ja deshalb diese Prozessionstheater-Folge -- wohl auch, um auf die, der Kunst gewiß nicht dienlichen Organisations-Subventions-Methode des neuen Stadtrats aufmerksam zu machen.
 
Sagerer verweigert sich dieser durch Aufwand zähmenden Vereinnahmung: Das freie Münchner Theater (die unabhängigen Bühnen) seien nicht entstanden, um nun mit angeblich das Überleben in Unabhängigkeit garantierenden Subventionen in Unfreiheit (die Gunst von Gönnern) zu geraten. Er ist auch nicht bereit, als Theaterlückenbüßer gegängelt zu werden und wehrt sich nun mit einem anarchistisch verspielten Mut zur selbständigen Theaterkunst. Theaterlücken, die durch ein fehlendes Volkstheater bestehen, sollen auf keinen Fall geschlossen, sondern zum "Durchsteigen benützt werden -- sagt und schreibt er -- oder wenigstens zum Durchschauen." Er will jedenfalls nicht "eingemauert" werden, will den Durchblick offen halten: Sein "Ich bin imbrünstig mein Alexeij Sagerer" ist radikales Total-Theater über das Theater, ist, unter dem Titel einer monomanischen Selbstbeschränkung, der Kampf gegen die Windmühlen theatralischer Eitelkeiten. Am Anfang kämpft er noch mit seiner grausam-komischen, oft ins Häßliche verliebten Phantasie: Da läßt er einen "kleinen Wassersack", auch als Wärmflaschen bekannt, von der Wand herunter eine köstlich auf Bedeutung getrimmte Blubberredearie "singen"; die windet sich, bäumt sich auf, plustert und plappert und schlägt einfach ihr Wasser ab, so daß Herkules Sagerer diesen Theaterstall mit wunderlich quietschenden Plastikschneeflocken auszumisten hat. Doch alle Kunstanstrengung will nichts nützen. Am Ende nach einer offen-bacchiadischen, von Alltagslärm martialisch gefährdeten Posaunerei, liegt Sagerers Tiegerjäger mit vor Anstrengung zerstörtem, schweißnassem Gesicht erschöpft "im Bett", über sich, übermächtig (als Film), an die Wand geworfen fast zwei Dutzend Münchner Theaterleiter bei ihren Interviewversuchen, sich auf Sagerers Fragen über ihr Theaterverständnis zu äußern; mit einem reinen, weißen Damastband knüpft Sagerer schließlich die Brücke zum blubbernden Beginn ...
 

Der Tieger von Äschnapur Drei oder
Ich bin imbrünstig mein Alexeij Sagerer


1979-1985, UA proT, 14. Juli 1979
 
Verkuendigung
 
Die 7000 Euro Kanne
ROT
Der Abschied

 

 

Die 7000 Euro Kanne ROT verabschiedet sich mit folgenden Sätzen:
 
Das Theater des Aussen - also das Unmittelbare Theater, das andere Theater - denkt nicht in Endlösungen, also ist nicht Repräsentation, sondern unberechenbar und kommt ungefragt in die Welt - und dies ist nur möglich, da es auf seiner Organisationshoheit besteht - und zwar uneingeschränkt!
 
Es ist keine Meinungsschiessbude sondern Prozessionstheater, das heisst, es bewegt sich in Prozessen wie das Leben selbst in Einmaligkeiten, also in unzähligen einmaligen Kompositionen, denn jede Einmaligkeit ist eine Komposition entstanden aus einmaligen Kompositionen.
 

 
Aber gegen weitere Angriffe auf das andere Theater wartet bereits in Niederbayern, bei dem Bildhauer Peter Bauer die 11 000 Euro Kanne BLAU.


 
Verkuendigung
 
 
Externe Bios, Archive,
Preise und Texte
 

Theaterpreis der LH München 


Alle drei Jahre verleiht die Landeshauptstadt München den Theaterpreis für das herausragende Gesamtwerk.
Alexeij Sagerer erhält diesen Preis 1997 als erster Vetreter der Freien Szene.
 

Theaterpreis der LH München 1997 an Alexeij Sagerer als ersten Vertreter der "Freien Szene"


 
 
 
Theaterpreis 1997
 
 

Der Stadtrat der Landeshauptstadt München verleiht den Theaterpreis '97 an


Alexeij Sagerer


 
 
Seit 1969 macht Alexeij Sagerer in München sein "Prozessionstheater" sein - unmittelbares Theater -. Sagerer ist der gewiß eigenständigste, eigenwilligste Theatermacher in der freien Szene der Stadt. Bei fast allen seinen Produktionen ist er Autor und Regissuer, meistens wirkt er auch als Schauspieler mit.
 
SAGERERS Theater war von Anfang an ein "Raumtheater" bei dem die Gestaltung des Raumes und die Nutzung des Raumes wesentliche Voraussetzung des Spiels im Raum ist. Dazu gehört auch die genau kalkulierte Zuordnung von Schauspielern und Spielfläche(n). Der Darsteller im "unmittelbaren Theater" ist meist nicht allein Rollenspieler, sondern fast stets auch mit seiner ganzen physischen u. psychischen Persönlichkeit gefordert. Sagerer selbst realisiert dieses Prinzip wohl am extremsten, wenn er in den von ihm verkörperten Figuren immer wieder seine eigenen Grenzen auslotet. Aber auch an alle anderen am Werk Beteiligten stellt er hohe Anforderungen, die sie zu erfüllen bereit sind.
 
So ist unmittelbares Theater, wie Sagerer selbst sagt, "eigentlich ein Theater der Erfahrung" - für alle Beteiligten. SAGERERS Arbeiten sind genau kalkulierte szenische Werke, deren Ablauf z.B. durch exakte Zeitstrukturen bestimmt sein kann. Sowohl Sagerers Theaterarbeit insgesamt als auch die einzelnen Produktionen sind theoretisch fundiert, seine oft vielleicht eigenwilligen, sehr eigenständigen Gedanken zum Theater zeugen auch von einem genauen, tiefen Theaterverständnis.
 
 
Noch erscheinen in der Erinnerung - und erweisen sich auch in der Wiederaufnahme - frühe Arbeiten Sagerers als lebendig und wirksam. Er selbst hat aber in den nun bald 30 Jahren seiner Tätigkeit in München stets im Raum seines Theaterkonzepts neue Wege gesucht, zumal im Experiment mit neuen Darstellungsmitteln, wie - schon früh - Film und Video. Im Zentrum von Sagerers Theater aber steht fast durchweg der Mensch - auf der Bühne und als Zuschauer. Der Mensch auf der Bühne aber muß nicht immer Schauspieler sein. In seiner jahrelang einen ganzen Monat hindurch allabendlich gefeierten "Maiandacht" präsentierte er jeden Abend einen anderen Gast aus den verschiedensten Kunstsparten oder auch Berufsgruppen. Und jeden Abend verlief die "Feier" - verändert durch die Individualität und die Kunstform des gastierenden Künstlers bzw. der gastierenden Künstlerin - anders, auch wenn das Ritual des Rahmens von den Mitgliedern des proT jeweils gleich gestaltet wurde.
 
Sein "Nibelungenprojekt" hat Sagerer über Jahre hinweg verfolgt, es eröffnete ihm die Reithalle in der Heßstraße, die Muffathalle und schließlich auch das Marstalltheater des Bayerischen Staatsschauspiels. SAGERER wuchsen die Rosen der "tz" zu und leuchteten die Sterne der "Abendzeitung".
 
 
Die Zeiten sind wohl endgültig vorbei, in denen er aus der Realität seines Theateralltags erklärte: "Wir spielen auch vor einem Zuschauer - wenn er da ist." Und Sagerer hat sich an dieses Prinzip gehalten. Mit einer bemerkenswerten Mischung aus Chaos und disziplinierter Konsequenz - im Leben, im Denken und Arbeiten - ist es ihm gelungen, sein Theaterkonzept als einen der wesentlichsten Bestandteile Münchner Theaterkultur zu etablieren.
München, Oktober 1997
Christian Ude / Oberbürgermeister
 
 
Theaterpreis 1997
 
 
 
Verkuendigung
 
 

"Alexeij Sagerer - Künstlerische Biografie"


von Ralph Hammerthaler, Verlag Theater der Zeit Berlin, 2016
 
 

AAP Archive Artist Publications


Archiv für Künstlerbücher - Alexeij Sagerer

LENBACHHAUS Collection


Online-Katalog der Ankäufe des Lenbachhauses München - Alexeij Sagerer

IASLonline Diskussionsforum


"Wiener Aktionismus und Aktionstheater in München", Vortrag Thomas Dreher

Internationales Biographisches Archiv


Munzinger - Personen: Alexeij Sagerer

Wikipedia - Die freie Enzyklopädie


Alexeij Sagerer

sub-bavaria - Alexeij Sagerer


das Wiki-Lexikon der bayerischen Subkulturen

sub-bavaria - Leute & Szenen - proT


das Wiki-Lexikon der bayerischen Subkulturen
 
 

proT-way-MANIFEST


Prozessionstheater Urtext (02.11.1974)
Prozessionstheater ist eine einzige Bewußtseinserheiterung ...
 

 

proT-way-melodie
                          proT-way-manifest


proT-Produktion 1 (1975) - Schallplatte


 
Technik: Heinrich Tichawsky - Studio Ebenhausen
Titelbild: Aus dem Film "Aumühle"
Produktion: proT, 8 München 40, Isabellastraße 40
 
Schallplatte
 
Schallplatte
 
 
Das Theater des Aussen kann nicht durch Theatervereine begriffen werden und schon gar nicht durch die ewiggestrigen Angeber, die behaupten "Gebt mir 10 oder 100 Millionen und ich mache euch das Theater der Zukunft". Wer meint, heute schon das Theater von morgen zu kennen, macht lediglich das Theater von gestern.
 
 
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INNEN UND AUSSEN


Texte zur Produktion von Theater (28.04.2000)


 

 
In gewisser Weise kann man unmittelbares Theater und domestiziertes Theater mit der Wildsau und dem Hausschwein vergleichen. Wo das eine sein Sausein austrägt, trägt das andere Schnitzel. Oder. Das Unmittelbare Theater ist nicht der 'Humus' des domestizierten Theaters. Ebensowenig wie die Wildsau der 'Humus' für das Hausschwein ist. (AS 1996)

 
 
Das Werden

 
 
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Verkündigung Künstler Politiker
 

 
 
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"Wohin mit der Kultur ...."


 
 
neu auf Youtube!

Referat am VierVideoTurm


DokuMaterial - gedreht mit Video8 - 00:13:55 Std. - Gasteig Black Box am 07.06.1989
 

 
Das Unmittelbare ist so notwendig wie das Wasser und es ist noch flüssiger als Wasser, geradezu über-flüssig. Das Unmittelbare steckt in allem, auch wenn es nicht mehr in seiner Über-Flüssigkeit erkannt wird - auch hier ist es dem Wasser ähnlich. Kurz gesagt: das Unmittelbare Theater ist notwendig, da es überflüssig ist.
 
Das DokuMaterial Referat am VierVideoTurm ist der vierte und fünfte Teil eines "Konzertes am VierVideoTurm" mit dem Titel Referat am VierVideoTurm innerhalb der Rede-Reihe "Wohin mit der Kultur in München?", Folge 6 am 07. Juni 1989 in der Black Box, Gasteig, München, veranstaltet vom BECK FORUM. Synchronisator: Sieben gemalte Filme. Das DokuMaterial ist mit einer Video8 Kamera aus dem Zuschauerraum gedreht und ungeschnitten. Mit Alexeij Sagerer. Kamera Dokumaterial: Werner Prökel. proT, 1989.
 
 

Es sind immer schwere Zeiten für das Unmittelbare Theater.


 

neu auf Youtube!

Jürgen Kolbe mit Halle-luja


TheaterDoku - U-Matic - 00:07:32 Std. - proT im Brum's, Dreimühlenstr. 30, 27.03.1990
 

 

.... als die Stadt noch in der Lage war, den Unterschied zwischen Institution und Unmittelbarem Theater, dem Aussen zu denken ....


 
Die TheaterDoku Jürgen Kolbe - Halle-luja ist der vierte Teil des "Vereinskonzert am VierVideoTurm" von Alexeij Sagerer in der Veranstaltungsreihe "proT für die Welt" unter dem Titel "Das letzte alte Bier" im Brum's, Dreimühlenstraße 30, München mit dem ehemaligen Kulturreferenten Jürgen Kolbe. Das "Vereinskonzert am VierVideoTurm" gehört zu den Konzerten am VierVideoTurm. Jedes Konzert am VierVideoTurm dauert sieben mal sieben Minuten und wird synchronisiert durch sieben gemalte Filme. Kamera: Christoph Wirsing. proT 1990.
 
 
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Die Freiheit der Kunst
 

Warum kann Alexeij Sagerer sich sich selbst immernoch leisten


Kommentar von Alexeij Sagerer zu Nachtkritik.de "Ein armes Leben im reichen", Sabine Leucht (20.03.2018)
 
proT Alexeij Sagerer by Christa Sturm
 

Sabine Leucht, Nachtkritik.de, 20.03.2018


 
"(...) Vernetzung versus Münchner Mentalitäten
 
Als sich Anfang 2017 das Netzwerk Freie Szene München gründete, war es im Vergleich zu anderen Städten spät dran. Noch mehr verwundert, dass es überhaupt zu einer gemeinsamen Interessenvertretung gekommen ist. Denn die Tanz- und Theatermacher dieser Stadt lassen sich schon aus Prinzip ungern über einen Kamm scheren. "Freie Szene?", schnaubte vor Jahren Alexeij Sagerer, "Das erinnert an kleine Fische, die sich zusammentun, um wie ein großer Fisch zu wirken." Sagerer, der bereits in den Siebzigern neben Rainer Werner Fassbinder und George Froschers FTM nicht nur Münchner Theatergeschichte schrieb, reicht seit 2016 Projektanträge auf null Euro Förderung ein, weil er die Achtung vor dem ergebnisoffenen Arbeiten von Seiten der zunehmend kontroll- und projektfixierten Kulturpolitik vermisst.
 
Da hat er zwar Recht; doch nur, wer mehr als 40 Jahre kontinuierlich von der Stadt gefördert wurde, kann sich das leisten. Die meisten, die unter dem Dach des Netzwerks für mehr Probenräume, mehr Geld, für Bürokratieabbau und mehr Verständnis für die Prozesshaftigkeit künstlerischen Arbeitens streiten, wagen davon nicht mal zu träumen. Auch deshalb fordert das Netzwerk selbstbewusst eine Vervierfachung der Fördermittel auf zehn Millionen Euro. Wenn man sieht, dass viel weniger reiche Kommunen wie Dresden und Augsburg erst kürzlich die ihren verdoppelt haben, mutet das gar nicht mal so utopisch an. Zumal das Geld sich in München auf mindestens acht feste freie Häuser, sechs Infrastrukturmaßnahmen und drei Jurys verteilen würde, die über die Vergabe von Projektfördergeldern im Bereich (Musik-)Theater/Performance, Tanz und Kindertheater entscheiden. (...)"

 

Alexeij Sagerer, Kommentar auf Nachtkritik.de, 23.03.2018


 
Warum kann Alexeij Sagerer sich sich selbst immernoch leisten...
 
Nein, liebe Sabine, das kann ich mir nicht leisten, weil ich 40 Jahre kontinuierlich von der Stadt gefördert wurde. Wenn es danach geht, kann ich mir jetzt Hartz IV leisten. Wer ist denn dieser Meinung oder wie kommst du zu dieser Meinung, dass man sich "das" nur nach 40 Jahren kontinuierlicher Förderung leisten kann? Da hättest du vielleicht einpaar Zahlen vergleichen sollen.
 
Es wurde auch nicht ergebnisoffen gefördert, sondern am permanent entstehenden Ergebnis entlang gefördert. Es wurde auch nicht einfach kontinuierlich gefördert, sondern eher an diesem permanent entstehenden Ergebnis entlang gekämpft. Und es wurde nicht einfach anonym gefördert, sondern es gab künstlerische Ereignisse und zwar andere als man bisher kannte und man wollte sie haben in dieser Stadt und für diese Stadt.
 
Offensichtlich braucht die Stadt das Andere nicht mehr, weil es das jetzt kennt, und in ihren eigenen Einrichtungen selbst herstellen kann oder durch ihre Einrichtungen kontrollieren will. So bist du jetzt in die Werbung für eine weitere städtische Einrichtung, wie ein Produktionshaus oder was auch immer, als Endlösung für alle unkontrollierten künstlerischen Prozesse, eingestiegen. Das ist nichts Unrühmliches, man sollte aber nicht das eine Andere mit dem anderen Anderen verwechseln und schon gar nicht falsch darstellen.
 
Womit ich wieder zum Anfang meines kleinen Textes komme. Warum kann Alexeij Sagerer sich sich selbst immer noch leisten (und dabei lacht er auch noch), wenn nicht wegen der "40 Jahre kontinuierlicher Förderung durch die Stadt"? Weil er dann doch lieber verreckt als im Falschen, vielleicht, zu überleben! Aber er ist doch immer noch da. Also zum Abschluss noch ein Quiz! Warum verreckt Alexeij Sagerer nicht?
  1. Er bekommt doch Hartz IV.
  2. Er ist ein begnadeter Roulettespieler.
  3. Er hat Glück bei den Frauen.
  4. Der Verein zur Förderung von Unmittelbarem Theater wird total unterschätzt.
  5. Er benützt das Verrecken als Produktionsmittel.
  6. Er hat Fähigkeiten von denen er dir garnichts erzählt hat.
  7. Er dreht sich einfach nicht um.
 

Von der Möglichkeit, ausserhalb des Systems zu stehen.


Ein Interview mit Alexeij Sagerer geführt von Anke Bitter (28.05.2017)
 
proT RoterRaum 1
 
 
 
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Ja, genau so hab ich mir das gedacht.


München 19.12.2017 ... doch noch eine Antwort von Alexeij Sagerer auf die Email vom 18.10.2017 aus dem Bereich "Darstellende Kunst" des Kulturreferats München und besonders auf den ersten Abschnitt.
 

Text der Email, 1. Abschnitt:


von DarstellendeKunst@muenchen.de
 
"1. Laufende Gesprächsrunden des Kulturreferates mit dem Vorstand des Netzwerks Freie Szene
Seit September finden Gesprächsrunden zwischen dem Netzwerk Freie Szene e.V. und dem Kulturreferat statt, die sich monatlich an dem im April vorgelegten Positionspapier des Netzwerkes orientieren. Anlässlich dieser neuen Entwicklung stellt sich auch die Frage, ob das Netzwerk einen klaren Auftrag aus der Szene als seine Interessenvertretung hat. Dann könnten diese Gespräche zukünftig gegebenenfalls auch die Come Together-Veranstaltungen des Kulturreferats, zu welchem das Kulturreferat die Freie Tanz- und Theaterszene etwa zweimal jährlich über seinen Mailverteiler einlädt, ersetzen.
Wir bitten Sie hierbei um Ihre Einschätzung und Rückmeldung.
"
 

Antwort von Alexeij Sagerer:

 
Ja, genauso habe ich mir das gedacht. Informiert, das heisst wahrgenommen, wird auf Dauer nur, wer in den Verein eintritt. Das Aussen, das Ausserhalb der Institutionen, dort wo die künstlerische Bewegung, das heisst dort wo die nicht berechenbare oder noch schlimmer, die unberechenbare Bewegung stattfindet, wird durch den Begriff "Freie Szene" eingefangen, dann in einem Verein gefasst, quasi zur Institution erklärt, und wer da nicht mitspielt, wird nicht mehr wahrgenommen von der Kulturbehörde. Der ganze Begriff Theater wird durch immer weitere Institutionen kontrolliert; Geld spielt dabei keine Rolle. Geld spielt immer da eine grosse Rolle, bekommt was explosives, wenn es direkt an den Künstler geht. Durch weitere Institutionalisierung wird versucht, das Andere, das Aussen unsichtbar zu machen. In der Realität heisst das auch, dass nur noch "Angelernte Künstler" Zugang zu öffentlichen Mitteln bekommen. Hier braucht man die Künstler nicht einzusperren, hier werden sie unsichtbar gemacht. Während Pseudorevolutionäre mit vergoldeten Arschlöchern in den Institutionen sitzen und die von der momentanen Politik gewollten Parolen wiederkäuen und flotte Sprüche reissen.
 
Wenn eine Gesellschaft beginnt, nach rechts zu rücken, bleibt als erstes die Freiheit der Kunst auf der Strecke, das ist so, da die Kunst keine Lobby hat, daher kann man sie ohne grossen Wirbel verschwinden lassen. Aber die Freiheit der Kunst ist ein Grundrecht und bleibt nicht den, von den Behörden angelernten und geprüften Personen vorbehalten. Die Freiheit der Kunst ist ein Grundrecht, das JEDER besitzt. Es ist schon klar, dass sich eine Mehrheit nicht um Kunst kümmert. Aber jeder weiss, dass sie da ist. Dass ein Ausserhalb da ist, dass es ein Unbekanntes gibt. Dass es lebendig ist und nicht verwaltet. Dass das Leben nicht ein geschlossenes System ist, dem man nicht entkommen kann.
 
Egal wieviele weitere Institutionen und getarnte Institutionen und angeregte oder nicht angeregte Vereine gegründet werden, auch wenn sie das Wort "frei" im Titel führen, es wird nicht freier.
 
Und falls jemand fragen sollte:
  1. Nein, wir haben auch für 2018 keinen Antrag auf Subventionen gestellt.
  2. Nein, kein Verein kann die Interessen von Alexeij Sagerer oder proT vertreten, weder mit klarem noch mit unklarem Auftrag.
 
 
Verkuendigung

Gebt auf, bewerbt euch bei den Institutionen!


Ein Interview mit Alexeij Sagerer von Simone Lutz (01.12.2015)
 
proT Pferdekopf
 
 
 
Verkuendigung
 
Alles Biographie
 

2022 - "Die Lust am anderen Theater"


Alexeij Sagerer und proT bei der Ausstellung "Freie darstellende Künste in München" 04.05. - 31.07.2022 im Deutschen Theatermuseum in München.
Leitende Kuratorin Dr. Birgit Pargner.
 
 

50 Jahre proT


Die Vier Tage des Unmittelbaren Theaters, 27.-30. Nov. 2019, Muffatwerk München
Die Kunst des Alexeij Sagerer - Film - Diskussion - Theater - eine Veranstaltung des Kulturreferats der LH München
 
 

"Alexeij Sagerer - Künstlerische Biografie"


von Ralph Hammerthaler, Verlag Theater der Zeit Berlin, 2016
 
 

Theater ungleich. Alexeij Sagerer und das Münchner Theater proT.


Miriam Drewes: Vortrag am 3. Nov. 2001 anlässlich des 4. Symposiums zur Münchner Theatergeschichte "Der Autorwille. Wieviel Biografie steckt in der Kulturforschung?".
 

Kompaktbiographie


Alexeij Sagerer, proT
 

Kurzbiographie


Alexeij Sagerer, proT
 
auf proT

Alexeij Sagerer und das proT - BR 1995


16. Januar 1995 (8:49 Minuten)
 

 
"SPIELZEIT - Das Theatertagebuch des Bayerischen Fernsehens"
von Wilfried Passow und Amadou Seitz.
 
auf proT

Das Münchner Theater proT

 

- Goethe-Institut 1993


Deutsches Theater der Gegenwart: Freies Theater, Goethe-Institut München (11:34 Min.)
 

 
"Alexeij Sagerer und sein proT, ein bayerischer Performer von Gottes Gnaden, archaisch, urwüchsig und progressiv zugleich."
 
Buch & Regie: Ulrike Kahle; Kamera: Lothar Wolte; Ton: Udo Radek; Schnitt und Mischung: Matthias Behrens; Herausgeber der Reihe: Michael Merschmeier, Henning Rischbieter; im Auftrag des Theaterreferats, Ute Kirchhelle, Roland Schaffner.
 
 
 
 
 
 
 
SEITEN - ABSPANN
 

Lust auf proT - proTshortcuts auf YouTube


proT-shortcuts auf YouTube sind intensive Film-Ausschnitte von oder mit proT: Theaterdokumentationen, live-film, Unmittelbarer Film ... oder kurze proT-Filme wie Film-Comics, Vorfilme, Werbefilme ...
 
 

proT auf YouTube: proTshortcuts


Inzwischen über 170.000 Views angeführt von den 4 FAVORITES mit je über 10.000 Aufrufen: Tanz in die Lederhose: 25.854 Views, Vorfilm für Voressen: 17.415 Views, Frau in Rot: 14.799 Views und Ottfried Fischer hustet Alexeij Sagerer: 10.192 Views. (Stand 04.02.2025) und siehe auch Rote Wärmflasche tanzt auf Platz 5 mit überraschenden 8189 Aufrufen, Maiandacht mit 7810 Views, Erste Bierrede zur Kunst mit 5287 Views ...
 
 

Werkverzeichnis I


Alexeij Sagerer, proT  —  Produktionen
 
 

Werkverzeichnis II


Alexeij Sagerer, proT  —  Festivals, Ausstellungen, Screenings, Beteiligungen, Auszeichnungen, öffentliche Ankäufe (Auswahl)
 
 

Werkverzeichnis V


über Alexeij Sagerer, proT  —  Literatur und Presse (Auswahl)
 
 

FILMPRODUKTIONEN


ab 1969 bis jetzt
 
 

THEATERDOKUMENTATIONEN


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