1986 / 1987 - Die Vier Tage des
Unmittelbaren Theaters I + II


Festival des proT in der proT-Halle, München

 
 
1986 und 1987 veranstaltet proT DIE VIER TAGE DES UNMITTELBAREN THEATERS. Dabei werden ausschließlich für "die vier Tage" produzierte Theaterproduktionen gezeigt.
 
Zu den VIER TAGEN DES UNMITTELBAREN THEATERS werden nur Künstler eingeladen, deren Arbeit sich an irgendeinem Punkt mit der Arbeit des proT schneidet und auf deren Werk der Begriff "unmittelbar" im weitesten Sinn anwendbar erscheint.
 
In gewisser Weise kann man Unmittelbares Theater und domestiziertes Theater mit der Wildsau und dem Hausschwein vergleichen. Wo das eine sein Sausein austrägt, trägt das andere Schnitzel. Oder. Das Unmittelbare Theater ist nicht "der Humus", des domestizierten Theaters. Ebensowenig wie die Wildsau "der Humus" für das Hausschwein ist. (AS, 1986)
 
Plakat Vier Tage
 
 

Das Unmittelbare Theater


 
Das Unmittelbare Theater arbeitet unmittelbar.
 
Das Unmittelbare Theater ereignet sich unmittelbar.
 
Das Unmittelbare Theater verschlingt jede Bedeutung.
 
Das Unmittelbare Theater verschlingt das literarische Theater, das experimentelle Theater, das politische Theater, das Tanztheater, das Musiktheater, das Volkstheater, das Boulevardtheater, das Ballett, die Oper, die Komödie mit der Tragödie, das Kabarett und das Cabaret, den Striptease, die Modenschau, das Oktoberfest, die Tageszeitung, alte und junge Schachteln.
 
Das domestizierte Theater ist als domestiziertes Theater unmittelbar. Das Unmittelbare Theater kann man nicht domestizieren. Es verschlingt auch das domestizierte Theater, den Faschismus, die Stadt und das Land.
 
Unmittelbares Theater heisst: es gibt keine Zeit.
 
Unmittelbares Theater heisst: es gibt keine Wiederholung. Es gibt nur grössere und kleinere Ähnlichkeiten oder Unähnlichkeiten.
 
Die Zeit ist nur ein Gestenvergleich.
 
Die Zeit ist lediglich der Versuch, sich gleichende Gesten in selbe zu verwandeln. Erdumdrehung. Uhrenvergleich. Quarzschwingung.
 
Die Zeit ist nur eine Geste.
 
Die Zeit ist nur der Versuch die Geste zu beherrschen.
 
Die Zeit ist nur der Versuch die Wiederholung zu behaupten. Nur die Wiederholung ist beherrschbar.
 
Die Wiederholung ist der Versuch, das Unmittelbare Theater zu beherrschen.
 
Das Unmittelbare Theater ist der blutig geschlagene Leib des Theaters.
 
Das Unmittelbare Theater ist grenzenlos und zerstückelt. Und es verschlingt alle Grenzen und Schuhe.
 
Das Unmittelbare Theater ereignet sich öffentlich.
 
Das Unmittelbare Theater tritt ans Publikum und gleichzeitig entzieht es sich dem Publikum.
 
Unmittelbares Theater heisst: Jede Geste zählt.
 
Unmittelbares Theater ist Politik, Kunst, Religion und Pornographie.
 
Das Unmittelbare Theater ist ästhetischer Krieg.
 
Das Unmittelbare Theater lebt und stirbt immer wieder. (AS 1987)
 
 

UNMITTELBARE MUSIK


 
Gleichzeitig mit den "Vier Tagen" findet eine Konzertreihe mit "Unmittelbarer Musik" statt. Diese Konzertreihe mit Unmittelbarer Musik wird auch unabhängig von "den Vier Tagen" fortgesetzt. So gibt es dann zum Beispiel - unter anderem - vom 14. bis 17. November 1991 in der proT-ZEIT ein Musik-Programm unter dem Titel UNMITTELBARE MUSIK AUF DEM WEG ZUM THEATER unter anderem mit Vinko Globokar (Paris), Mia Zabelka (Wien), Phil Minton (London), Attwenger (Österreich) ...
 
Es gibt Musik, die einer Tradition, einem Stil, einer Spieltechnik, einer Modeströmung oder einem intellektuellen Konzept verpflichtet ist und es gibt UNMITTELBARE MUSIK.
 
 

AKTIONSABEND


 
Bereits in der Eröffnungswoche des proT in der Isabellastrasse 40 in München - am 30. November 1969 - veranstaltet das proT Unmittelbare Musik mit dem "Aktionsabend I: Experimentelle Musik für 3 präparierte Streichinstrumente" - Michael Kopfermann - Viola - mit Peter Fjodoroff - Violoncello - und Jürgen v. Huendeberg - Violine.
 
 
 
 
 

1986 - Die Vier Tage
des Unmittelbaren Theaters I


Festival des proT in der proT-Halle, Schleißheimerstraße 418, München
07. - 10. Mai und 21. Mai - 08. Juni (Konzerte mit Unmittelbarer Musik)
 
Vier Tage 1 - 1
 
 

Unmittelbares Theater
07. - 10. Mai 1986


 
Unmittelbares Theater heisst ein Theater, das sich auf seine Arbeit unmittelbar einlässt und diese Arbeit an, in und mit der Öffentlichkeit austrägt.
 
Ein Gegensatz zum Unmittelbaren Theater wäre z.B. das domestizierte Theater.
 
Ein unmittelbares Theater trägt sich mit der Öffentlichkeit aus und schliesst sich nicht mit seinem Publikum kurz.
 
Die Natur ist keine Verwertungsgesellschaft, sondern eine Gemeinschaft von Qualitäten.
 
Das Unmittelbare Theater ist eine eigene und damit andere Qualität.
 
Das Münchner Volkstheater - ursprünglich im 19. Jahrhundert die Bezeichnung für ein Theater ohne festes Haus und seit einiger Zeit durch die Einrichtung "Münchner Volkstheater" simuliert wird - war möglicherweise einmal ein unmittelbares Theater.
 
(AS 1986)
 
Vier Tage logo - 1
minimal club:

die zukünftige frau des sohnes 1956


mit elisabeth buchmann, manuela wittmann, stefan geene
 
Vier Tage logo - 2
Tape:

No Plays


mit Colin Gilder, Kalle Laar, Claude Maurer
 
Vier Tage logo - 3
proT:

oh, oh Maiandacht


mit Franz Lenniger, Cornelie Müller, Brigitte Niklas, Alexeij Sagerer
 
 

Unmittelbare Musik
proT-Halle


1. Konzert, 07. Mai
Evan Parker (GB)


(Sopransaxophon, Tenorsaxophon)



2. Konzert, 08. Mai
Stephan Wittwer (Schweiz)


(E-Gitarre)


Martin Schütz (Schweiz)


(Bass & Cello)



3. Konzert, 09. Mai
Andrea Centazzo (Italien)


(Percussion & Schlagzeug)


Peter Frohmader (München)


(Elektronik & Bass)



4. Konzert, 10. Mai
Pöhl Musik (Ruhrgebiet)


Karl-Heinz Blomann (Altsaxophon, Sopransaxophon, Flöte)


Thomas Kommann (akustischer und elektronischer Bass, Gitarre)


Norbert Solbach (Gitarre, Posaune, Badewanne, Basstrommel)


 
 
Abendzeitung, Mittwoch 14. Mai 1986, Musik in München

Der geordnete Wahnsinn


proT: Vier Nächte unmittelbarer Musik


 
Unmittelbares Theater" ist laut Sagerer-Manifest die ungebändigte Wildsau unter den schnitzeltragenden Hausschweinen. Mit der dazugehörigen Musik in vier nachmitternächtlichen "proT"-Konzerten verhält es sich sehr ähnlich: Klangkörper statt Tonträger (proT-Halle).
 
Den besten Beweis, dass "unmittelbare Musik" nicht unbedingt nur mittellos-genialen Dilettantismus bedeutet, lieferte der englische Saxophonist Evan Parker: Hochvirtuos füllte er den Raum mit dichten, obertonreichen Endlosminimalismen. Inmitten einer Kultstätte aus von der Decke baumelnder Holzscheite flutet er die ganze Halle, hört auf sie, spielt mit ihrer Akustik.
Verletzlich scheint dieses filigrane Duett mit der Umgebung, ist aber stark im Umgang mit Reaktionen: dem befreiten Aufatmen des Publikums, wenn Parker den Klangdruck zurücknimmt, dem hemmungslos mitsingenden Sagerer, - Reaktionen, die das Schweizer Duo Stephan Wittwer und Martin Schuetz nicht so selbstverständlich zulassen. Gemein reichen sie den in Bass- und Gitarrenclustern Ertrinkenden immer wieder den Rettungsring aus Hörgewohnheiten, um ihn leicht verbohrt avantgardistisch wieder zurückzuziehen, bevor das Ohr richtig zupacken kann.
Packend war dagegen das Duell des Percussionisten Andrea Centazzo mit dem lustlos in seiner Elektronik versumpften Peter Frohmader. Hier ging unmittelbare Musik unmittelbar in die Hose, war nur ein Forum für Missverständnisse.
 
Und die Kunst der "unmittelbaren Musik" ist ihre Abhängigkeit von einmaligen Situationen. Sieht man "Pöhl Musik" zum zweitenmal auf ihre Blechwanne eindreschen, wirkt das nur noch kalkuliertwütend. Zu arrangiertist ihr Musik-Gepöpel, das immer mehr gen "No Wave" abdriftet. Geordnet ist der Wahnsinn aus dem Ruhrpott, nur noch organisiertes Chaos aus Industrieklängen, statt Maschinenstürmerei.
Markus Beck
 
 
Das proT ist auch nach den VIER TAGEN DES UNMITTELBAREN THEATERS an Unmittelbarer Musik interessiert. Mit Musikern, die vom 7.-10. Mai nicht zur Verfügung stehen, findet 1986 eine zweite Serie von vier Konzerten statt.
 

5. Konzert, 24. Mai
Phil Minton (London)


(Stimme)


Erhard Hirt (BRD)


(Gitarre)


Roger Turner (GB)


(Percussion)



6. Konzert, 06. Juni
Dietmar Diesner (DDR)


(Sopransaxophon, Tenorsaxophon)



7. Konzert: 16. Oktober
Guy Klucevsek (USA)


(Akkordeon)



8. Konzert: 24. Oktober
Tom Cora (USA)


(Cello)

 
 
 
 
 

1987 - Die Vier Tage
des Unmittelbaren Theaters II


Festival des proT in der proT-Halle, Schleißheimerstraße 418, München
14. - 17. Oktober und 28. - 31. Oktober (Spiegelwoche)
 
Wegen einer schweren Erkrankung von Robyn Schulkowsky findet die am Mittwoch, 14. Okt. Vorgesehene Premiere SKIN : WOOD : METAL : MUSCLE am Mittwoch, den 28. Okt. statt. In der Spiegelwoche werden die Theaterproduktionen der VIER TAGE noch einmal aufgeführt.
 
Die Vier Tage II
 
 

Unmittelbares Theater
Die Vier Uraufführungen


Robyn Schulkowsky (USA)


SKIN : WOOD : METAL : MUSCLE


Musik : Theater
 
Die erste unmittelbare Auseinandersetzung der Künstlerin mit dem Begriff Theater:
Musik provoziert Theater, Theater provoziert Musik.
 

Barbara Hammann (München)


PAULA UND MARIANNE


Video : Theater
 
Ein Live-Video-Dialog zwischen den Malerinnen Paula Modersohn-Becker und Marianne von Werefkin. Zugrunde liegen ihre Briefe und Tagebücher. Schwerpunkt der Video- und Laserinstallation ist bewegtes, farbiges Licht, das den geistigen und emotionalen Raum für die beiden aussergewöhnlichen Künstlerinnen schafft.
PAULA UND MARIANNE ist das erste Video-Theater der Künstlerin.
 

Ginka Steinwachs (Hamburg)


DAS (F)ROHE EI


Literatur : Theater
 
..... mentales stück aus tausendundeiner zeile
motto: un oef c'est peu / deux c'est mieux / trois c'est pitance / quarte c'est outrance
aus der vor- und frühgeschichte von marylineparis.
 

Alexeij Sagerer (proT)


INTERCITY - FAHRPLAN II


Theater : Theater
 
Alexeij Sagerer fährt proT: proT fährt INTERCITY! Vierbahnentheater. Sehr geschätzte Dauer 4 Stunden! 4 MusikWaggons! 4 SpeiseWägen! 7 Schauspielerbeamte auf 4 Bahnen! Fensterplätze zum Rausschaun oder NichtRausschaun. 840 Ausblicke! ähnliche oder verschiedene.
INTERCITY wird immer weiter formuliert, mit neuer Besetzung, neuen Fahrplänen, neuer Musik, neuen Videos... Er wird an den verschiedensten Orten immer wieder verändert gefahren werden und trotzdem immer INTERCITY bleiben.
 
 

Unmittelbare Musik - proT Halle
Vier Solokonzerte


14. Oktober
Vinko Globokar (Frankreich)


MEIN KÖRPER IST EINE POSAUNE GEWORDEN


Theater - Musik mit Aktionen, mit Film-Projektion, mit Gesang, mit Spiel, mit Sprechen. Werke von Wyttenbach, Kagel, Berio und Globokar.
 

15. Oktober
Sven Ake Johansson (Schweden)


PERCUSSIONIST, POET, PERFORMER


Die theatralische Komponente resultiert aus dem Prozess des Musikmachens.
 

16. Oktober
Rüdiger Carl (Frankfurt)


AKKORDEON, ZIEHHARMONIKA, KLARINETTE, SAXOPHON


 

17. Oktober
Kevin Coyne (GB)


BURSTING BUBBLES


dialogues and songs
special guest: Stefanie Hecht

 
 
 
 
 
 
 
 
 
SEITEN - ABSPANN
 

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proT-shortcuts auf YouTube sind intensive Film-Ausschnitte von oder mit proT: Theaterdokumentationen, live-film, Unmittelbarer Film ... oder kurze proT-Filme wie Film-Comics, Vorfilme, Werbefilme ...
 
 

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Inzwischen über 170.000 Views angeführt von den 4 FAVORITES mit je über 10.000 Aufrufen: Tanz in die Lederhose: 25.799 Views, Vorfilm für Voressen: 17.392 Views, Frau in Rot: 13.852 Views und Ottfried Fischer hustet Alexeij Sagerer: 10.165 Views. (Stand 14.05.2024) und siehe auch Rote Wärmflasche tanzt auf Platz 5 mit überraschenden 8165 Aufrufen, Maiandacht mit 7742 Views, Erste Bierrede zur Kunst mit 5263 Views ...
 
 

Werkverzeichnis I


Alexeij Sagerer, proT  —  Produktionen
 
 

Werkverzeichnis II


Alexeij Sagerer, proT  —  Festivals, Ausstellungen, Screenings, Beteiligungen, Auszeichnungen, öffentliche Ankäufe (Auswahl)
 
 

Werkverzeichnis V


über Alexeij Sagerer, proT  —  Literatur und Presse (Auswahl)
 
 

FILMPRODUKTIONEN


ab 1969 bis jetzt
 
 

DIE SYNCHRONISATOREN


Filmproduktionen für den VierVideoTurm 1985 bis 1996
 
 

THEATERDOKUMENTATIONEN


ab 1969 bis jetzt
 
 

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